Sao Paulo - Lewis Hamilton, der die große WM-Titelchance im letzten Saisonrennen am Sonntag in Sao Paulo vergeben hatte, hat am Montag erklärt, keine Lust auf einen Sieg am Grünen Tisch zu verspüren: "Das wäre falsch", betonte der 22-jährige Brite, der am Montag noch mit den Nachwirkungen einer durchzechten Nacht zu kämpfen hatte.

"Ich will auf der Strecke gewinnen", sagte der McLaren-Pilot in seinem Hotelzimmer vor Journalisten. Es gehe um "Stil" und nicht darum, aufgrund einiger Disqualifikationen nach vorne zu rutschen. "Das kann nicht der Weg sein." Und Hamilton weiter: "Ich bin erst 22, es wird für mich noch genug Möglichkeiten geben, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Und ich zweifle nicht daran, dass wir das in der Zukunft schaffen können."

Zudem hat der McLaren-Pilot eingestanden, dass er der das Getriebeproblem, dass ihn in Brasilien den Titel gekostet hat, selbst verursacht hat. Er habe irrtümlich auf dem Lenkrad den Knopf für die Startsequenz gedrückt, gestand Hamilton. Daraufhin hatte sein McLaren so lange stark verzögert, bis die Wagen-Elektronik von der Neutralstellung wieder im Renn-Programm war.

Haug: Geht uns nicht um den Titel

McLaren-Mercedes zieht den Protest in der Benzin-Affäre jedoch mit aller Konsequenz durch. Damit wird nach dem Konstrukteurs- auch der Fahrertitel in einer sportgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Silberpfeilen und Ferrari entschieden. Champion Kimi Räikkönen muss somit wieder zittern.

Am Dienstag teilte der Internationale Automobilverband FIA mit, dass der britische Verband im Namen des Teams den endgültigen Protest vor seinem Berufungsgericht eingelegt habe. "Es geht unserem Team nicht darum, den WM-Titel am Grünen Tisch zu gewinnen", erklärte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. "Dieser Einspruch soll eindeutige Klärung schaffen und bestätigen, was in der Sporting Working Group abgesprochen wurde, nämlich die Festlegung des Temperaturlimits für den benutzten Sprit", so Haug.

Sprittemperatur

Nach dem Rennen in Sao Paulo wurden drei Autos, die vor Hamilton ins Ziel gekommen waren, aufgrund angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der Treibstoff-Temperatur einer Untersuchung unterzogen, schließlich aber nicht aus dem Klassement genommen. McLaren kündigte prompt einen Einspruch an, wollte nicht akzeptieren, dass Nico Rosberg (Williams), Nick Heidfeld und Robert Kubica (beide BMW Sauber) ungeschoren davon kommen.

Die McLaren-Strategie, Hamilton mittels etwaiger Disqualifikationen dieses Trios im Endklassement weiter nach vorne zu bugsieren und ihm so die nötigen Punkte für den Titel zu verschaffen, behagt Hamilton aber nicht. "Nachdem Kimi so einen fantastischen Job gemacht hat, würde sich das verrückt anfühlen", meinte Hamilton. "Ihm den Sieg zu nehmen, wäre etwas grausam und wahrscheinlich nicht gut für den Sport."

Montezemolo und Briatore karten nach

Kritik musste Hamilton von Ferrari-Chef Luca di Montezemolo einstecken. "Er hat sich in der Saison nicht immer mustergültig verhalten", meinte Montezemolo und gab sich überzeugt, dass "Jugend und Nervosität" Hamilton einen Streich gespielt hätten. Alonso hingegen sei ein Weltklasse-Profi in jeder Beziehung. "Ein außergewöhnlicher Fahrer, der nichts dafür kann, dass er nicht Weltmeister geworden ist!"

In eine ähnliche Kerbe schlug Renault-Teamchef Flavio Briatore. McLaren habe alles unternommen, um den Fahrer-Titel zu verlieren, ist der Italiener überzeugt. "Sie hätten Alonso in den letzten Rennen gegen einen Ersatzfahrer austauschen sollen. Hamilton wäre problemlos Weltmeister geworden." (APA/Reuters)