Eigene Wege der Wissenschaftsvermittlung standen beim Euroscience Open Forum 2006 im Mittelpunkt.

Foto: DER STANDARD/ESOF
Vor zehn Jahren schon haben sich Forscher aus ganz Europa zur Vereinigung Euroscience zusammengeschlossen, die sich selbst als "Stimme der europäischen Wissenschaften" versteht. Mittlerweile zählt die Organisation rund 2300 Mitglieder aus 40 Ländern; das ist allerdings noch weit entfernt vom großen Vorbild, der American Association for the Advancement of Science (AAAS), die nach eigenen Angaben rund zehn Millionen Mitglieder zählt – weltweit, versteht sich. Zu deren Aufgaben zählt nicht nur die Veröffentlichung des renommierten Wissenschaftsmagazins Science. Daneben umwirbt die AAAS auch die Bevölkerung ebenso wie Politiker, um breite Unterstützung für die Forschung zu erhalten.

Als junge Doktorandin in New York lernte die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny die AAAS vor einigen Jahren kennen – und importierte mit einigen Mitstreitern die Idee kurzerhand nach Europa. "Wir wollten Euroscience zum Austausch nutzen. Das ist unser Beitrag zur europäischen Wissenschaft", sagt Nowotny, "der Vergleich mit unseren österreichischen Symposien im Rahmen des Forums Alpbach ist möglich, nur ist Euroscience eben um einiges größer".

Folgerichtig hat Euroscience daher auch das amerikanische Konzept eines großen Forscherkongresses kopiert. Alle zwei Jahre findet mittlerweile ein Euroscience Open Forum (ESOF) statt, zuletzt vergangenes Jahr in München, wo dieser Jahrmarkt der Wissenschaften auch als solcher abgehalten wurde. Dort trafen einander Wissenschafter aus ganz Europa, diskutieren im Biergarten die neuesten Forschungsergebnisse aus einem bunten Themenmix: Während in einem Raum das wachsende Durchschnittsalter der Bevölkerung analysiert wurde, referierte man nebenan über AIDS, den Klimawandel oder Wirtschaft.

Zumindest kurzzeitig dadurch die Hauptstadt der europäischen Wissenschaften zu sein, weckt natürlich Begehrlichkeiten; und so gibt es alle Jahre wieder gleich mehrere potenzielle Austragungsorte, die das ESOF-Komitee umwerben. Die (hypothetische) Überlegung, Wien ins Rennen zu schicken, steht mittlerweile ebenfalls im Raum, bestätigt Gerhard Pohl, der Österreich im Euroscience-Vorstand vertritt.

Kriterienkatalog

Ob man sich tatsächlich bewirbt, steht aber noch nicht fest – schließlich müssen die Veranstaltungsorte einen fünfzehnseitigen Kriterienkatalog erfüllen, der unter anderem auch finanzielle Zuschüsse vorsieht. "Wien könnte als Brücke in die osteuropäischen Länder dienen", wirbt Pohl vorab dennoch schon einmal, "und dort gibt es sehr viel Begeisterung für die Wissenschaften". Möglich wäre eine Bewerbung für das Jahr 2012 – die beiden kommenden ESOF-Kongresse finden 2008 in Barcelona und 2010 in Turin statt.

Zunächst aber organisiert Euroscience gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für vergleichende Forschung in den Sozialwissenschaften (Interdisciplinary Centre for Comparative Research in the Social Sciences) eine Tagung über die Zukunft des europäischen Forschungsraums ("What Future for European Science?") im Palais Epstein (Dr.-Karl-Renner-Ring 1, 1010 Wien, 30. 10., 14 bis 18 Uhr). Als Redner werden neben Helga Nowotny, die über das European Research Council, dessen Vizepräsidentin sie ist, sprechen wird, auch der ehemalige Euroscience-Präsident Jean-Patrick Conneradey und der Sozialwissenschafter Nico Stehr fungieren. (Jens Lang/DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2007)