Die insgesamt neun Kochgeschirrkreationen von Polka bringen Dada in die Küche.

Foto: Michael Stelzhammer
Foto: Michael Stelzhammer
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Krakenbeinig und pechschwarz steht sie da, die irrste Pfanne der Bratgeschichte. Entworfen hat sie das Designerinnen-Duo Polka. Genau wie einen ebenso schwarzen Kochtopf mit derart vielen Henkeln und Griffen, dass sich eine ganze Garnisonsküche gleichzeitig daran die Finger verbrennen könnte. Mit von der Topfpartie ist auch eine Art Ofenrohr, Formensprache schlumpfhausisch.

Allein gelassen mit den insgesamt neun verschiedenen Schwarzarbeiten, kann man die Dinger drehen und wenden wie man will: Polka, das sind Monica Singer und Marie Rahm, greifen mit ihrer Topf-noir-Serie frech ins Erbgut der Gattung Kochgeschirr ein und klopfen ordentlich auf den Topfdeckel. Angesichts derlei Kreativschubkraft will man zwar nicht engstirnig sein, aber schließlich doch die gute Frage stellen: Kann man mit den schrägen Pötten eigentlich auch kochen? "Im Doppeltopf könnte man zum Beispiel im linken Teil die Butter schmelzen und daneben die Bohnen kochen. Oder eine scharfe und milde Version eines Sugo zubereiten. Die langbeinige Quallen-Pfanne sollte gut über offenem Feuer funktionieren und der Doppelhäfen könnte als Aufbewahrung für Öl, Essig, Zucker, Salz usw. herhalten", sagt die 1975 in München geborene Marie Rahm. Vielleicht ist Letzterer aber auch das richtige Behältnis zum Bruderschafttrinken oder es eignet sich als Teeschlürfobjekt für besonders frisch Verliebte.

Geschirrtechnische Revolution

So ganz genau wissen es die zwei Absolventinnen der Universität für angewandte Kunst auch noch nicht, da die Töpfe gerade erst aus der Fabrik gekommen sind. Ist aber auch nicht so wichtig, denn was auch immer am heimischen Herd beim Hantieren mit den schwarzen Mutanten rauskommen mag, man kann sagen, die beiden Polka-Frauen haben in jedem Falle eine, wenn auch kleine geschirrtechnische Revolution in der sonst so friedlichen Welt von Pott, Pfanne und Häferl angezettelt.

Befremdlich, versponnen, kunstig, oder heitere Abwechslung, die Geschichte schmeckt in jedem Fall nach mehr Info: Singer und Rahm wollen vor allem zum Experiment auffordern. Die limitierte Topf-Edition, die im Rahmen einer Kooperation mit dem niederösterreichischen Traditionsunternehmen Riess-Email entstand, soll Denkanstöße geben, für die Designerinnen selbst und natürlich den Käufer. "Anders denken, anders Benutzen, anders kochen", wie es Singer ausdrückt. Ihren Platz an der heimischen Jung-Designer-Tafelrunde haben die beiden übrigens unter anderem mit ihren tätowierten Ledermöbeln, ihren Porzellanobjekten, ihrer Wasserkaraffe "Josephine", die sie für Lobmeyr entwarfen, ihrer SMS-gesteuerten Weihnachtsbeleuchtung oder ihrem Stuhl "Alma" für Wittmann ergattert.

Es ist ein gelungenes Rezept, mit dem das Zweier-Team dem Korsett namens Funktion die Strenge nimmt, mit ihm spielt, und auf diese Weise sein ganz eigenes Süppchen kocht. "Funktion definiert sich heute doch auf mehreren Ebenen. Wenn jemand über unsere Töpfe und Pfannen mault, lacht oder sich irritiert fühlt, so erfüllen die Objekte doch auch eine Funktion, oder?", fragt und antwortet Marie Rahm zugleich.

"Charmantes Material Email"

Ob als Kochutensil, als Skulptur für den Kaminsims oder als Aufbewahrungsort für allerlei Alltagskrimskrams: Mit ihren Mutantenpötten, die aussehen, als wären sie auf Käse-Fondue-Art in einen Topf dicksten Pechs getunkt worden, spielen sie dem Auge, der Küchen- wie Gestaltertradition einen heiteren Streich. Und sie verneigen sich gleichzeitig vor dem "charmanten Material Email", dessen Wortbild heutzutage auf den ersten Blick eher mit elektronischer Post gleichgesetzt wird denn mit einem Werkstoff, der die Menschheit seit vielen Jahrhunderten begleitet.

Die Legende berichtet übrigens von einem Alchemisten, der beim Versuch, aus einer bestimmten Mischung Gold zu machen, im Tiegel neben dem Metall eine rote Schlacke Glases fand, so schön wie noch kein Glas je zuvor gewesen sei - Email, meist eine geschmolzene Mischung aus Silikaten und Oxiden, die auf Glas oder Metall aufgetragen wird.

Rumgehopse zu zweit

Schwarz war für die beiden deshalb von Anfang an die richtige Farbwahl für ihre Behältnisse, weil es Stärke und Konsequenz ausdrücke und das Objekt vom gängigen Bild des tantenhaften Email-Häferls abhebe. "Und so schön glänzt", setzt Marie Rahm nach. "Außerdem hält es die Produktfamilie dieser ansonsten eigenständigen Viecher zusammen", was die 1975 in Salzburg geborene Monica Singer noch gesagt haben will.

"Polka" benamste sich das Team, das in einer Bürogemeinschaft in der Mariahilfer Straße emsig werkt, weil "das Wort gut im Mund liegt und wir keinen so englischen Schnickschnacknamen wollten. "Außerdem", meint Singer, "ist die Polka ein schnelles und fröhliches Rumgehopse zu zweit." Den Kreativprozess orten die beiden in erster Linie in ihrem engen Dialog und einem gegenseitigen "Tragen". Man könnte auch sagen wie Topf und Deckel. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/25/10/2007)