Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) will den Geschäftsbanken bei Engpässen am Geldmarkt wegen der Finanzmarktkrise auch weiter unter die Arme greifen. Ratsmitglied Nout Wellink warnte die Institute allerdings davor zu glauben, die Geldspritzen würden bei einer absehbaren Verbesserung der Lage weitergehen.

"Wir leisten aktuell unseren Beitrag für ein reibungsloses Funktionieren der Finanzmärkte. Und wir werden unsere Unterstützung sofort beenden, wenn die Märkte wieder funktionieren", sagte der Chef der niederländischen Notenbank dem "Wall Street Journal" vom Mittwoch.

Maßnahmen zur Entspannung

Im Zuge der jüngsten Finanzmarktkrise war es zu einem starken Anstieg der kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt gekommen. Die EZB hatte mehrfach versucht, mit kräftigen Liquiditätsspritzen die Lage zu entspannen und ein Austrocknen des Marktes zu verhindern. Erst am Dienstag stellte sie bei ihrem regulären Wochengeschäft den Banken in der Euro-Zone mehr Geld als eigentlich nötig zur Verfügung.

Die Anspannung war entstanden, weil der Geldhandel zwischen den Banken wegen deren Unsicherheit über die Folgen der seit Monaten andauernden US-Immobilienkrise weitgehend zum Erliegen gekommen war. Nach mehreren Interventionen der EZB entspannte sich die Lage zwar zuletzt leicht, der Zinssatz für Tagesgeld liegt aber nach wie vor weit über dem Leitzins der EZB von derzeit 4,00 Prozent.

Wellink sagte, es werde noch einige Zeit dauern, bis der Finanzsektor wieder zur Normalität zurückgekehrt sein werde. Auch EZB-Direktoriumsmitglied José Manuel Gonzalez-Paramo erklärte in Madrid, die Märkte seien auf dem Weg, sich zu erholen, aber es werde noch Zeit brauchen, bis das Vertrauen wieder ausreichend vorhanden sei.

Steigende Inflation

Zur jüngsten Diskussion um den geldpolitischen Kurs der Zentralbank sagte Gonzalez-Paramo, die EZB sei wegen der steigenden Inflation nicht zu einer Veränderung ihrer Haltung gezwungen. Ein Inflationsanstieg aufgrund von Basiseffekten bedeute keinen automatischen Politikwechsel, sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg. Zwar seien die finanz- und geldpolitischen Rahmenbedingungen mittlerweile restriktiver als vor dem Sommer, also vor dem Beginn der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten. Allerdings dämpfe der starke Anstieg des Euro in der jüngsten Zeit den Preisruck.

Gonzalez-Paramo widersprach damit indirekt der Ansicht von Bundesbankpräsident Axel Weber und anderen Zentralbankern, die sich in den vergangenen Tagen wegen des von ihnen zum Jahresende erwarteten kräftigen Anstiegs der Teuerung für eine härtere Gangart der EZB stark gemacht hatten.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hob unterdessen erneut die zentrale Bedeutung der Inflationsbekämpfung hervor. "In diesem Zusammenhang muss Geldpolitik sicherstellen, dass die Inflationserwartungen gut verankert sind, das bedeutet ein starkes Bekenntnis zur Preisstabilität", sagte Trichet laut Redetext am Dienstagabend bei einer Veranstaltung an der US-Eliteuniversität Harvard. (APA/Reuters)