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Die Performance der Zertifikatefonds war in den letzten beiden Jahren nicht so schlecht, wie von Kritikern anfangs befürchtet wurde.

Foto: APA/EPA/Ludbrook
Der Markt für Derivate boomt: Allein im „Subprime-Monat“ August wurden in Deutschland laut Zahlen des Deutschen Derivate Institutes 34.569 neue Produkte aufgelegt. Das entspricht einer schier unglaublichen Zahl von 1.571 Neuemissionen pro Handelstag. Insgesamt sind in Deutschland momentan 134,7 Mrd. Euro in 233.727 unterschiedlichen Zertifikaten investiert. In Österreich ortet das heimische Zertifikate Forum ein zusätzliches Volumen von 11,7 Mrd. Euro. Seit Jahresbeginn wuchs der österreichische bzw. deutsche Zertifikatemarkt damit um knapp 17 Prozent.

Ein Wachstum von dem Fondsgesellschaften derzeit nur träumen können, weshalb es mittlerweile auch Investmentfonds gibt, die wiederum in Zertifikate investieren. Sie sollen dem Anleger die Auswahl aus dem mittlerweile unüberschaubaren Angebot abnehmen, sind untereinander aber teilweise sehr inhomogen, was deren Konstruktion betrifft.

6,8 Mrd. Euro in 24 Fonds

Mittlerweile sind in Österreich, Deutschland und der Schweiz bereits 24 verschiedene Zertifikatefonds zugelassen, welche zusammen ein Volumen von 6,76 Mrd. Euro aufweisen. Diese lassen sich generell in zwei unterschiedliche Typen einteilen:

- Fonds, die ganz allgemein die attraktivsten Zertifikate aus den unterschiedlichsten Kategorien auswählen, bzw.

- Fonds, die nur in fest definierte Zertifikatekategorien (z.B. Bonus- oder Discountzertifikate) investieren. Zur Erklärung: Discountzertifikate ermöglichen es, eine Aktie oder einen Index mit einem Abschlag zu erwerben. Dafür ist der maximal mögliche Ertrag aber durch einen Cap begrenzt, weshalb diese Zertifikate in Zeiten stark steigender Kurse hinter dem breiten Markt zurück bleiben, sich dafür aber in fallenden bzw. seitwärtsgehenden Märkten gut schlagen. Bonuszertifikate sind dagegen eine etwas offensivere Anlageform, die eher in steigenden Märkten ihre Stärken ausspielen. Generell geben sich die Fonds als Allwetter-Investments, die – je nach spezieller Ausrichtung – auch in schwierigen Börsenphasen dem Anleger noch eine ansprechende Rendite liefern sollen. Ein Anlageziel, dass sich traditionsgemäß die so genannten Absolute bzw. Total Return Fonds gesetzt haben. „In der Mehrzahl besitzen Zertifikate gegenüber ihren Basiswerten ein geringeres Risiko. Diese Risikoreduktion bezahlt der Anleger durch einen Renditeverzicht, indem er je nach Ausgestaltung auf hohe Kursgewinne oder Dividenden verzichtet“, betont auch das Deutsche Derivate Institut selbst.

Transparenz und Sicherheit als Scheinargumente

Die von den Anbietern selbst am häufigsten genannten Vorteile von Zertifikatefonds sind deren zusätzliche Transparenz und Sicherheit im Vergleich zu einzelnen Zertifikaten. Denn Fonds sind rechtlich als Sondervermögen strukturiert, was im Gegensatz zu Zertifikaten auch im Insolvenzfall vor Kapitalverlust schützt. Zudem sind Fonds viel transparenter als Zertifikate und bieten Anlegern in den vorgeschriebenen vereinfachten Prospekten etwa detaillierte Angaben über die Kostenstruktur.

Glaubwürdig erscheinen diese Vorteile aber nicht: So macht ein Fondskonstrukt ein darin enthaltenes Zertifikat kaum transparenter. Und im Falle einer Insolvenz des Zertifikate-Emittenten ist der Fonds zwar immer noch ein Sondervermögen, aber trotzdem wertlos für den Anleger. Gerade in unsicheren Zeiten, in denen auch große Banken durch Abschreibungen im Zuge der US-Hypothekenkrise in Probleme geraten, ist das kein zu vernachlässigender Faktor. Als Vorteil der Fondskonstruktion bleibt letztlich eigentlich nur die zusätzliche Streuung der Emittenten.

Wie teuer sind Zertifikatefonds?

Ein weiterer Kritikpunkt gegenüber Zertifikaten ist deren hohe Kostenbelastung. Denn der Anleger bezahlt bei Zertifikatefonds nicht nur die Leistung des Fondsmanagers, sondern auch die Kosten für die Zertifikate selbst. Unterm Strich ist die Gesamtkostenbelastung von Zertifikatefonds – gemessen an der Total Expense Ratio (TER) – aber nicht exorbitant hoch. Der Durchschnitt liegt bei 1,35 Prozent p.a., wobei Transaktionskosten – wie bei herkömmlichen Fonds – darin allerdings nicht enthalten sind. Zum Vergleich: Aktienfonds kosten im Schnitt 1,6 Prozent, Anleihenfonds 0,9 Prozent.

Gerade aber die Transaktionskosten dürften, aufgrund der eher kurzfristigen Anlagenatur bei Zertifikaten, einen großen Kostenblock darstellen. Konkrete Zahlen dazu werden aber nicht veröffentlicht. Zudem weisen Zertifikatefonds, wie herkömmliche Investmentfonds auch, einen einmaligen Ausgabeaufschlag auf, der zwischen drei und sechs Prozent liegt.

Aber auch die Kosten innerhalb der Zertifikate werden in der TER in der Regel nicht berücksichtigt, fallen bei einfachen Plain-Vanilla-Strukturen wie Index- oder Discountzertifikaten jedoch sehr gering aus. „Der Emittent verdient lediglich an der Geld-Brief-Spanne und die hängt von der Liquidität des zugrundeliegenden Wertpapiers und der Anzahl der Emittenten ab und ist bei den einzelnen Emittenten unterschiedlich hoch. Bei den von uns verwendeten Zertifikaten liegt die Geld-Brief-Spanne zumeist um 0,01-0,1 Prozent, und ist nur in Einzelfällen geringfügig höher“, schildert Fondsmanager Thomas Pachernik von Schilling Asset Management in Wien, welche bereits seit 2004 den SAM MD-A Managed Discount Alpha Fonds verwalten. Bei komplexeren Konstruktionen, auch vereinzelt bereits bei Bonuszertifkaten, wird aber gerne vom Emittenten noch die Dividendenrendite einbehalten. Das bestätigt auch das Deutsche Derivate Insitut in einer aktuellen Aussendung: „Dividenden werden von den Emittenten zur Finanzierung von Garantie-, Bonus- oder Discountmechanismen verwendet. Diese Mechanismen reduzieren je nach Ausgestaltung das Risiko der Anlage oder verbessern die Renditechance. Im Ergebnis realisieren die Anleger statt eines Dividendenertrags einen Kursgewinn“, heißt es da.

Wie schneiden Zertifikatenfonds ab?

Ob sich all diese Kosten für den Anleger lohnen oder nicht, muss aber schlussendlich vor dem Hintergrund der erzielten (Netto-)Rendite der Zertifikatefonds beantwortet werden. Und diese war in den letzten Jahren entgegen den Erwartungen gar nicht so schlecht: Über den Zeitraum der letzten beiden Jahre, erzielte der Durchschnitt aller zwölf Zertifikatefonds, die über eine solche Historie verfügen, einen jährlichen Ertrag von 8,4 Prozent.

Zum Vergleich: Der Weltaktienindex MSCI World kam auf 9,5 Prozent p.a. (MSCI Europe: 16,1 Prozent), Weltanleihen erzielten gemessen am Citigroup World Government Bond Index (EUR hedged) aber nur magere 1,5 Prozent. Und auch über die letzten 12 Monate, lag die Performance der Zertifikatefonds mit +8 Prozent nur leicht hinter dem MSCI World Index mit +9,1 Prozent.

Risikoprofil zwischen Aktien und Anleihen

Was das Risiko betrifft, liegt die Standardabweichung von Zertifikatefonds auf Sicht der letzten 12 Monate im Schnitt bei relativ moderaten 7,3 Prozent. Discount-Zertifikatefonds - diese bilden momentan die Mehrheit - weisen dabei eine unterdurchschnittliche Volatilität auf, Bonus-Zertifikatefonds liegen naturgemäß darüber. Im direkten Vergleich mit Weltaktien (MSCI World Index: 10,7 Prozent) bzw. Weltanleihen (Citigroup World Government Bond Index: 2,2 Prozent), liegen Zertifikatefonds generell näher bei Aktien als bei Anleihen.

Fonds vs. Zertifikate

Was die Symbiose aus Fonds und Zertifikaten aber trotzdem wenig sinnvoll erscheinen lässt, ist deren völlig unterschiedliche Zielsetzung. Zwar sind beide keine eigenen Anlagekategorien - sie stellen vielmehr eine Alternative zu Direktanlagen in Aktien oder Anleihen dar - während Fonds sich aber vor allem für ein breit gestreutes und langfristiges Investment eignen, sind Zertifikate eher dafür geeignet kurzfristig zu „spekulieren“. Diesen Punkt betont auch Manuel Ammann, Professor für Finanzen an der Universität St. Gallen und Direktor des Schweizerischen Instituts für Banken und Finanzen: „Derivate sind spezifische Anlagen und sollten höchstens der Ergänzung in einem Portfolio dienen“.

Weiters wichtig: Während die Verantwortung über der Prognosefähigkeit (z.B. wie sich gewisse Anlagen zukünftig entwickeln) bei Fonds beim jeweiligen Fondsmanager liegt, wird diese bei Zertifikaten an den Endkunden bzw. dessen Berater delegiert. Oder anders ausgedrückt: „Fonds sind eine indirekte Kapitalanlage bzw. eine reale Vermögensverwaltung oder in modernem Fachenglisch: eine strategische Asset Allocation in Produktform. Hingegen sind strukturierte Produkte eine synthetische Portfolio-Optimierung, „taktische Asset Allocation“ und eine innovative Schöpfung des Investment Banking. Sie basieren auf vorherigem Financial Engineering und nicht auf laufendem Management“, fasst Matthäus Den Otter, Geschäftsführer des Schweizerischen Anlagefondsverbandes (SFA), zusammen. Auf den Punkt gebracht könnte man auch sagen, dass bei Fonds in der Regel ein aktives Management erfolgt, der Manager also auf aktuelle Marktsituationen laufend reagiert. Bei Zertifikaten ist das Auszahlungsprofil dagegen großteils schon im Voraus fixiert und statisch.

Sehr gut kann der Unterschied auch mit folgendem anschaulichen Beispiel verdeutlicht werden: „Der Fondsmanager ist ein Architekt, der – im Rahmen seiner Anlagerestriktionen – versucht, ein Gesamtkunstwerk zu errichten. Demgegenüber sind Zertifikate am ehesten mit von einem Baumarkt zur Verfügung gestellten Werkzeugen für den Heimwerker vergleichbar, mit dem dieser sein Eigenheim bauen oder verschönern kann“, so Den Otter.

Fazit

Die Performance der Zertifikatefonds war in den letzten beiden Jahren nicht so schlecht, wie von Kritikern anfangs befürchtet wurde. Bei einem Risikoprofil, das unter dem von reinen Aktieninvestments liegt, erzielten die Fonds im Schnitt Renditen leicht unter dem von Weltaktien. Auch von den Anlegern scheinen diese Fonds bisher ganz gut angenommen worden zu sein: Allein in den letzten zwölf Monaten wuchs das Volumen von 3,5 auf 6,8 Mrd. Euro an. Bei der Verteilung der Volumina ist aber festzustellen, dass außer der Allianz-dit (4 Fonds mit 3,9 Mrd. Euro), Nordinvest (2 Fonds mit 1,5 Mrd. Euro) und DWS (3 Fonds mit 725 Mio. Euro) kein Anbieter merkenswerte Volumina generieren konnte. Zudem steht besonders bei den Discount-Zertifikatefonds die Feuerprobe in länger seitwärtsgehenden bzw. fallenden Märkten erst aus. Seit Anfang August etwa erzielte der Schnitt aller Fonds nur ein mageres Plus von 0,5 Prozent und sowohl Weltaktien als auch Weltanleihen lagen deutlich besser. Ob Zertifikate das Anlageinstrument der Zukunft sein werden ist abzuwarten. Zertifikatefonds sind es aber ziemlich sicher nicht…

Alle Daten per 27.9.2007 in Euro/Quelle: Lipper

LINK: Die gesamte Analyse (inkl. Tabelle der besten Zertifikatefonds) finden Sie hier.