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Werner Eschauer hat das Angebot abgelehnt.

Foto: AP/ Punz
Wien - Im Tennis kursieren Schauergeschichten. Partien würden verkauft, heißt es, eine Wettmafia habe nicht nur Finger, sondern ganze Hände im Spiel. Günter Bresnik war in diversen Funktionen für den österreichischen Tennisverband tätig und betreut seit 13 Jahren Stefan Koubek. "Der Schauer stimmt leider manchmal", sagt er dem Standard.

Der Niederösterreicher Werner Eschauer, die Nummer 67 der Welt, hat Erfahrungen gesammelt, viele, schließlich ist er 33 Jahre alt. In einem Interview mit dem deutschen Magazin Sport Bild packte Eschauer quasi aus. "Wettbetrug ist kein Gerücht. Den gibt es tatsächlich." Vor seinem Zweitrunden-Match in Wimbledon gegen Rafael Nadal habe man ihn abends auf dem Handy angerufen: "Für eine Niederlage könne ich mir Extrageld verdienen." Er habe sofort abgelehnt. "Ich will meine Karriere nicht durch so einen Scheiß aufs Spiel setzen."

Eschauer erklärte weiter: "Es ist kein Einzelfall, dass Spieler Geld geboten bekommen. Ich weiß von Partien, die verkauft worden sind. Es hängen auch Manager mit drin." Es gebe "eine italienische Organisation und eine aus dem Ostblock". Bei den Summen sei man "skrupellos", von bis zu 50.000 Dollar ist die Rede. Naiv betrachtet könnte man meinen, welcher Depp ruft Eschauer an und bietet ihm Marie für eine Niederlage gegen Nadal, die ja ohnedies eintritt. Das ist so, als würde man den Fußballklub Parndorf schmieren, damit er dem FC Barcelona ja unterliegt. Auf den zweiten Blick ist das so dumm auch wieder nicht, es wurde ausgetestet, ob Eschauer prinzipiell für solche Späßchen zu haben wäre. Er war es halt nicht.

Der Brite Andy Murray sagte der BBC: "Jeder weiß, dass es im Tennis Betrug gibt." Sein mittlerweile zurückgetretener Landsmann Tim Henman hat ihn bestätigt.

Auslöser für diese Diskussionen war Nikolai Dawidenko. Der Weltranglisten-Vierte aus Russland soll im August beim Turnier im polnischen Sopot gegen Martin Arguello absichtlich verloren haben, er gab im dritten Satz auf. Davor beliefen sich die Wetteinsätze im Internet auf rund sieben Millionen Dollar, üblich ist maximal ein Zehntel dieser Summe. Peter Reinhardt, Deutschland-Chef der englischen Wettbörse Betfair: "Es war, als würde jemand gegen den Markt und gesunden Menschenverstand eine Aktie nach oben treiben. Wie Insiderhandel an der Börse." Dawidenko beteuert seine Unschuld.

Die ATP hat ein Frühwarnsystem und Antikorruptionsprogramm eingerichtet, Spielern und Trainern ist es verboten zu wetten. Bresnik: "Natürlich kann das leicht umgangen werden. Aber die Spieler haben die Hosen ähnlich gestrichen voll wie vor Dopingkontrollen." Es sei, so Bresnik, "einfach, in einem Sport eins gegen eins zu manipulieren. Da muss nur ein Doppelfehler zum richtigen Zeitpunkt passieren. Schwer nachweisbar. Das Risiko einer Verletzung bleibt aber bestehen."

Bresnik hat selbst erlebt, "dass bei irgendwelchen nebensächlichen Partien plötzlich Vertreter von Wettbüros aufgetaucht sind. Weil ihnen einiges merkwürdig vorgekommen ist. Trotzdem soll man nicht vergessen: Wettbüros sind keine Heiligen".

Freilich sind die Verdächtigungen nichts Neues. Der Russe Jewgenij Kafelnikow war fast eine Bank auf Erstrundenniederlagen. In Kitzbühel fuhr er einst mit vollbepacktem Auto zu seinem Auftaktspiel. Im Hotel hatte er ausgecheckt. Mitunter treibt das Spiel auch seltsame Blüten. Novak Djokovic soll für ein Scheitern in St. Petersburg eine hohe Summe geboten worden sein. Einziger Fehler: Er hatte für das Turnier nicht einmal genannt.

Werner Eschauer verlor übrigens am Mittwoch ebendort gegen Spaniens Fernando Verdasco 6:7, 1:6. Ohne Anruf. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, Freitag, 25., 26. Oktober 2007, Christian Hackl)