Hennen rennen: echte Sulmtaler Hendln und ein Kapaun bei der Morgengymnastik.

Rezept: Aufg'setzte Henn'

Foto: Hersteller

Das Wichtigste vorweg: Original Sulmtaler Geflügel ist ein richtig teurer Spaß. Vor allem, wenn man wie unsereins zeitlebens mit sinkenden Hendlpreisen konfrontiert war, die alle vernünftig vorstellbaren Preisgrenzen längst gesprengt haben. Wenn ein halbes Brathuhn bei jeder besseren Baumarkteröffnung um € 1,49 zu haben ist und das Kilo Hendl im Supermarkt zum Aktionspreis von € 2,99 losgeschlagen wird, dann hat sich der Wert dieses einst edelsten aller fleischlichen Genüsse (vor 50 Jahren kostete ein halbes Brathuhn noch das Doppelte eines Filetsteaks!) derart in sein Gegenteil verwandelt, dass es nicht wundert, wenn aufgeklärte Zeitgenossen Huhn längst von ihrem Speiseplan gestrichen haben. Sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass es bei Fleisch zu diesen Preisen, von Hühnern, die gerade einmal vier Wochen vom Schlüpfen bis zur Schlachtbank (oder von 60 Gramm bis 1,2 Kilo) gelebt haben, unmöglich mit rechten Mitteln zugegangen sein kann.

Das Sulmtaler hingegen lebt 24 Wochen in Freilandhaltung, bekommt nur gentechnikfreies Futter aus der Region, kostet das Zehnfache eines Batteriehuhns und ist damit in einer Preiskategorie, die bisher dem Edelsten aller Hendln, dem legendären Blaufußhuhn aus der französischen Bresse, vorbehalten war. Satte 34 Euro pro Kilo sind zu veranschlagen, bei einem Durchschnittsgewicht von 2,4 Kilo kratzt die fette Henne schnell einmal am Hunderter.

Mythischer Ruf

Dafür darf man sich auch einiges erwarten. Das Sulmtaler Huhn ist ein Rassehuhn, das seit dem 19. Jahrhundert einen geradezu mythischen Ruf unter Feinschmeckern in ganz Europa besitzt. Gerüchten zufolge, die im südsteirischen Raum kursieren, sollen Kapaune (kastrierte und gemästete Hähne, Anm.) aus dem Sulmtal gar zur Kaiserkrönung von Napoleon nach Paris geliefert worden sein - rührender Lokalpatriotismus, der freilich keiner Recherche standhält. Mit der Industrialisierung der Tierzucht und der Umstellung der heimischen Landwirtschaft von Qualität auf Masse geriet es aber in Vergessenheit. Mit dem in steirischen Hendlstationen als "Sulmtaler Backhendl" massenhaft angebotenen Frittervögeln hat es nichts gemein - das sind herkömmliche Masttiere aus der Hendlfabrik.

Echte Sulmtaler gab es bis vor wenigen Jahren nur noch bei einigen versponnenen Kleintierzüchtern, ganz vereinzelt auf südsteirischen Bauernhöfen, hie und da auch jenseits der Grenze im Slowenischen. Bis der Sulmtaler Ausnahmewirt Anton Koschak ("Keltentaverne") der die edlen Tiere seit Jahren für den Eigengebrauch züchtete, sich mit Georg Zöhrer zusammentat und mit den Universitäten Maribor und Ljubljana ein Neuzüchtungsprojekt startete. Vergangene Woche wurden die ersten Exemplare beim wunderbaren Kreuzwirt am Pössnitzberg präsentiert, Ausnahmekoch Gerhard Fuchs war der erste, der das Potenzial der edlen Tiere testen durfte. .

Das Resultat ist nichts weniger als fantastisch: festes, kerniges, saftiges Fleisch, unvergleichliches Aroma, dicke, extraknusprige Haut - ein spektakulärer Festtagsbraten, der für gut und gerne sechs Personen reicht. Die erste Charge ist ausverkauft, Bestellungen werden nach dem Eintreffen behandelt. (Severin Corti/Der Standard/rondo/25/10/2007)