Die FPÖ hatte im Vorfeld die EU dafür verantwortlich gemacht, dass Österreichs Unabhängigkeit und Neutralität untergraben würde. Das offizielle Österreich widersprach - und lud die Bürger ein, zu feiern.

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Wien - Riesenandrang auf der Parlamentsrampe, etwas weniger in den Ministerien auf dem Minoritenplatz und ein dichtes Gedränge auf dem Heldenplatz, wo sich traditionell das Bundesheer präsentiert - allein dorthin kamen bereits am Freitagvormittag eine halbe Million Bürger.

Zwischen Panzerschauen und Broschürensammeln eine klare politische Botschaft: Bevor er das Bundeskanzleramt Besuchern öffnete, erklärte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer bei einem feierlichen Sonderministerrat, dass Österreichs Neutralität "unverzichtbare außen- und sicherheitspolitische Grundlage Österreichs (ist). Es ist mir daher wichtig, klarzustellen, dass wir die Menschen in dieser Frage nicht verunsichern dürfen."

Das hatte im Vorfeld FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ausführlich versucht: Schon am Vorabend des von der FPÖ unter Vermeidung des Nationsbegriffs "Staatsfeiertag" genannten 26. Oktober lud Strache zu einer Großkundgebung nach Favoriten und zu einer Pressekonferenz. Bei dieser präsentierte er ein Gutachten des Nürnberger Rechtsprofessors Karl Albrecht Schachtschneider, der auch in Deutschland mehrere EU-Verträge beim Bundesverfassungsgericht bekämpft hat.

Für Österreich sieht Schachtschneider im EU-Reformvertrag die "immerwährende Neutralität" gefährdet - auch ließe es die verfassungsrechtliche Lage nicht zu, die Neutralitätsfrage auf sogenannte Kernelemente (Nicht-Teilnahme an Kriegen, Bündnis- und Stützpunktlosigkeit) zu reduzieren.

Die FPÖ folgert daraus, dass es nicht nur einer Volksabstimmung bedürfe, sondern Österreich gegebenenfalls sogar aus der EU austreten müsste (was erst der von ihr abgelehnte Reformvertrag zuließe).

Für Bundespräsident Heinz Fischer ist das alles unrealistisch. Er trat in seiner TV-Ansprache den "Sorgen" entgegen. Die Fragen, ob die EU-Mitgliedschaft die österreichische Identität aushöhlen, unsere Wirtschaftskraft schwächen oder unsere Demokratie schädigen könnte, könne er "mit guten Argumenten verneinen", ein Scheitern des Vertrags würde nicht nur der EU, sondern auch uns schaden. Übrigens öffnete auch Fischer am Freitag die Türen seines Amtssitzes - und zeigte dort Kunstwerke, die sich mit Fußball auseinandersetzen. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.10.2007)