Drei Viertel der Malariaopfer sind Kinder. Eine Uganderin wacht neben ihrem erkrankten Sohn, der über einen Tropf künstlich ernährt wird.

Foto: Marc Engelhardt
Ärzte und Klimaforscher gleichermaßen machen die längeren Regenfälle zur warmen Jahreszeit dafür verantwortlich.

*****

Das staatliche Krankenhaus von Hoima ist kein Ort, wo Kinder lachen. Jeden Tag stirbt auf der Kinderstation mindestens ein Mensch an einer Krankheit, gegen die es keine Impfung gibt: Malaria. Die von Moskitos übertragene Krankheit kann in kurzer Zeit akute Formen annehmen.

"Blutarmut, schwere Unterzuckerung, Erkrankungen der Lunge oder des Gehirns sind alles Komplikationen, die wir hier regelmäßig sehen", erklärt der Kinderarzt Tom Ediamu, der seit mehreren Jahren hier im Westen Ugandas nahe des Albert-Sees arbeitet. In manchen Fällen muss das Blut eines Kindes ausgetauscht werden, weil die Malaria die roten Blutkörperchen zerstört. Doch die nächste Blutbank ist fünf Autostunden entfernt, oft kommt das Blut zu spät.

Ediamu nennt Malaria eine "Killerkrankheit", und das ist sie, nicht nur in Hoima. Schätzungen der UN zufolge sterben jährlich bis zu 2,7 Millionen Menschen an der von Anophelesmücken übertragenen Krankheit. Drei Viertel der Opfer sind Kinder. Mehr als 5000 malariakranke Kinder nehmen Ediamu und seine Kollegen jeden Monat auf. "Es gab hier schon immer Malaria, aber seit ein paar Jahren nimmt die Zahl der Fälle ständig zu."

Vor der Kinderstation sitzen Familien unter freiem Himmel, weil es nicht genügend Betten gibt. Die Gründe für den Ansturm sind Ediamu klar. "In der langen Regenzeit zwischen September und November regnet es seit einigen Jahren viel mehr als üblich." Wo in diesen warmen Monaten das Wasser steht, entwickeln sich die Larven der Anophelesmücke besonders schnell und in großer Zahl. Die Beobachtung des Arztes deckt sich mit der Analyse der Forscher vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaveränderung, IPCC. Sie beobachten ähnliche Entwicklungen überall in Afrika, seit sich die Regenzeiten infolge des Klimawandels verschoben haben. Weil es insgesamt wärmer ist, breitet sich die Malaria zudem selbst dort aus, wo man früher vor ihr sicher war: Der Erreger überlebt auch im Hochland, wo es ihm bislang zu kalt war.

"Ich komme selbst aus dem Südwesten Ugandas und hatte nie Malaria - bis ich mit 18 Jahren nach Kampala gezogen bin", erinnert sich Achilles Byaruhanga, der Direktor des Naturschutzverbands "Nature Uganda". An Malariafälle in seiner Heimatregion am Fuß der Rwenzori-Berge kann Byaruhanga sich nicht erinnern. "Heute wird die gleiche Gegend als endemisches Gebiet für Malaria geführt, die Zahl der Fälle nimmt ständig zu."

Vor allem für die einfachen Menschen auf dem Land ist Malaria eine besonders große Bedrohung. Oft haben sie schon andere Krankheiten oder leiden unter Fehl- oder Mangelernährung, was das Immunsystem schwächt.

Freiwillige Helfer

Weil es auf dem Land kaum Ärzte gibt, versuchen freiwillige Helfer wie Justine Nakituyo, ihren Nachbarn bei der Malaria-Behandlung zu helfen. In ihrem Berichtsbuch hält Nakituyo auch fest, wie viele der Kranken zu Hause ein Moskitonetz haben: "Praktisch niemand."

Heute ist Nakituyos Nachbarin Namande gekommen. Ihre Tochter Farida, noch nicht einmal anderthalb Jahre alt, hat ein Fieber. Namande verabreicht eine Dosis Coartem als Soforthilfe. Wenn Komplikationen auftauchen, müssen Mutter und Kind wiederkommen: Dann wird Farida ins Krankenhaus gebracht. Bis dahin versucht Nakituyo, ihre Nachbarin vom Gebrauch eines Moskitonetzes zu überzeugen.

Aber: Netze kosten Geld, und das haben auf dem Land die wenigsten. "Aufklärung gegen Malaria ist mühsam", stöhnt die Helferin - vor allem dort, wo die Krankheit erst seit kurzem auftaucht. (Marc Engelhardt aus Hoima/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.10.2007)