Doch da schaut es für Beck plötzlich nicht mehr so rosig aus. Zwar kommt es zu einer versöhnlichen Geste mit Vizekanzler/Arbeitsminister Müntefering, der ja Becks Forderung nach mehr Arbeitslosengeld vehement bekämpft hat. In einer leidenschaftlichen Rede spricht sich Müntefering für einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro aus und versichert, dass er nicht an Rücktritt denke: „Es ist noch was da, ich bin noch nicht ausgetrocknet.“ Jubel, Applaus, dann nimmt Müntefering Beck mit zur Rampe der Bühne, wo sie sich freundlich knuffen und gemeinsam den Applaus genießen.
Doch Beck kann nur mit Müh und Not verhindern, dass auch die Delegierten in einen „Bahn-Streik“ treten und die geplante Privatisierung der Deutschen Bahn gegen den Willen der Parteispitze völlig verwerfen. Auch Umweltminister Sigmar Gabriel bekommt sein Fett ab. Gegen seinen Willen und den des Vorstandes beschließen die Delegierten überraschend ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Und gegen den Willen des Parteivorstandes votiert die Basis auch für die Abschaffung des Steuerprivilegs für Dienstwagen.
Am Sonntag läuft es dann wieder wie am Schnürchen für Beck. 523 von 525 Delegierten stimmen für das neue Parteiprogramm, das sich für einen „demokratischen Sozialismus“ ausspricht, Kritik am Kapitalismus übt und die Leistungen des Sozialstaates betont.
Der sonst so zurückhaltende Außenminister Frank-Walter Steinmeier knöpft sich noch Kanzlerin Angela Merkel ungewöhnlich hart vor und betont, deren Haltung zum Irak-Krieg 2003 sei „ein Irrtum“ gewesen. Und die neue Beck-Stellvertreterin Andrea Nahles wirft Merkel vor, eine „innenpolitische Haubentaucherin“ zu sein: „Sie fischt immer unterhalb der Wasseroberfläche nach Dingen, mit denen sie sich schmücken kann.
Oberhalb der Wasserlinie, dort, wo einem schon mal ein Ast auf den Kopf fallen kann, fischt sie nicht.“ Merkel hingegen kritisiert das neue SPD-Programm scharf: „Wir brauchen keine Rückbesinnung auf den Sozialismus wie die Sozialdemokraten. Vom Sozialismus haben wir in der DDR genug gehabt.“