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Dennoch will sie hartnäckig weiterverhandeln und hat auch noch ein neues Kompromisspapier in petto. Mit Schmied sprach Andrea Heigl.

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STANDARD: Sie und Wissenschaftsminister Johannes Hahn haben immer wieder betont, wie gut Sie miteinander auskommen. Am Samstag hat er Ihnen eine Gesprächsabsage via „Kurier“-Interview übermittelt – wie ist denn seither die Stimmung in der Minister-WG am Minoritenplatz?

Schmied: Ich bin schon ein bisschen erstaunt über die Vorgangsweise. Ich bin eine professionellere Art des Verhandelns gewohnt, nämlich dass Termine, die ausgemacht werden, auch halten. Vor allem ist die Schulreform ein Projekt von großer Bedeutung im Bildungsbereich, und ich denke, so ein zentrales Thema verdient unseren hundertprozentigen Einsatz. Daher bin ich verwundert und stelle mir auch die Frage, wer mein Gesprächspartner in der ÖVP ist: Ist das Herr Neugebauer, Minister Hahn, Vizekanzler Molterer oder der Büroleiter des Ministers?

STANDARD: Gab es seit Samstag ein Gespräch zwischen Ihnen und Minister Hahn?

Schmied: Die Terminabsage habe ich aus den Medien erfahren, wir haben am Abend noch einmal kurz telefoniert.

STANDARD: Sehen Sie beim _Koalitionspartner noch irgendeinen Bewegungsspielraum?

Schmied: Es ist für mich schwierig, in diesem wichtigen Thema voranzukommen. Aber ich bin jetzt Tag und Nacht bereit, konstruktiv weiterzuverhandeln und zu einer guten Lösung zu kommen. Für mich ist das ein ganz wichtiges Projekt, das nichts mit Parteipolitik zu tun hat. Viele Studien belegen, dass die frühe Selektion nicht gut für unsere Kinder ist. Für mich ist das ein zentrales Projekt für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung, und daher steht dieses Projekt für mich auf der Agenda, solange die Legislaturperiode währt. Daher auch meine Hartnäckigkeit und meine Energie, weil es um sehr viel geht.

STANDARD: Haben Sie nicht das Gefühl, dass die ÖVP Sie anrennen lässt?

Schmied: Ja, aber das darf man nicht zulassen. Es geht um viel mehr als um den Erfolg einer Ministerin oder um parteipolitische Überlegungen. Hier geht es um die Zukunft unseres Landes und unserer Kinder. Ich sehe das mit unserer Wirtschaftsentwicklung in Verbindung. Wir können es uns ökonomisch nicht leisten, auf Begabungen und Talente zu verzichten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir die Modelle einer gemeinsamen Schule nicht einmal einem Realitätstest unterziehen können, und uns hier stoppen lassen. Daher bin ich ungebremst weiter unterwegs.

STANDARD: Bei wem in der ÖVP werden Sie jetzt anhebeln?

Schmied: Heute (Sonntag, Anm.) findet auf mein Drängen eine Besprechung auf Büroleiter-Ebene statt. Zu den zwei wesentlichen Punkten, Wahlfreiheit und Mitbestimmung, habe ich noch eine Kompromissvariante ausgearbeitet, die ich eigentlich mit Minister Hahn verhandeln wollte. Wir werden diese Kompromissvariante jetzt übermitteln, auch als deutliches Signal an die ÖVP. Ich hoffe sehr, dass die ÖVP diese Bewegung aufgreift und wir bis Mittwoch im Ministerrat eine Lösung finden, so wie uns das der Bundeskanzler aufgetragen hat.

STANDARD: Was beinhaltet dieser Kompromissvorschlag?

Schmied: Das verrate ich Ihnen nicht. Ich will weder Terminkoordination noch Verhandlungsinhalte über Medien kommunizieren.

STANDARD: Im Büro des Bundeskanzlers meint man, dass eine Einigung im Ministerrat auch noch am 7. November fristgerecht wäre.

Schmied: Ich arbeite auf den 31. Oktober hin, dieser Termin wurde bereits im August vereinbart. Auch der Kanzler erwartet sich bis dahin eine klare Aussage, wie es jetzt weitergeht.

STANDARD: Werden die Gespräche auch auf anderen Ebenen weitergeführt, also zwischen Bundeskanzler und Vizekanzler oder den Regierungskoordinatoren?

Schmied: Ich erwarte mir, dass ein ÖVP-Verhandler – wer immer das ist – auf mich zukommt, damit wir inhaltlich weiterarbeiten können.

STANDARD: Was sagen Sie zum Vorwurf der ÖVP, die SPÖ würde sich nicht bewegen?

Schmied: Das ist völlig haltlos. Wir arbeiten seit dem 8. August an dieser Gesetzesvorlage und haben den Regierungspartner über jeden Zwischenstand informiert. Nach der Begutachtungszeit habe ich unterschiedliche Anregungen, zum Beispiel von Landeshauptmann Erwin Pröll, in den Gesetzesentwurf eingearbeitet. Jetzt gibt es, entnehme ich Interviews mit Minister Hahn, noch zwei offene Punkte, nämlich die Wahlfreiheit und die Mitbestimmung. Ich hoffe, dass wir mit unserem neuen Vorschlag in die Zielgerade kommen.

STANDARD: Für den Fall, dass es in den nächsten Tagen keine Einigung gibt: Wie soll es mit der Schulreform weitergehen?

Schmied: Wir werden dieses zentrale Thema nicht mehr von der Tagesordnung nehmen. 25 von 27 EU-Staaten haben die Schullaufbahnentscheidung schon nach hinten verlegt, jedes Jahr später ist ein gewonnenes Jahr. Die Studien werden nicht abreißen, die uns darauf hinweisen, dass wir aktiv werden müssen. Wir werden die Schulreform daher sicher nicht durch Nichtlösung erledigen können. Wir können es uns gesellschaftlich und wirtschaftspolitisch nicht leisten, weiter säumig zu sein.

STANDARD: Wird es in der Zwischenzeit für einzelne Modellregionen Sonderregelungen geben, wie dies zum Beispiel Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider gefordert hat?

Schmied: Nein, wir brauchen eine gesetzliche Grundlage. Es ist wichtig, dass es Rechtssicherheit und eine Bestandsgarantie für Eltern, Kinder und Lehrer gibt, um die Modellregionen verantwortungsbewusst starten zu können. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2007)