Wien - In der Regel verkaufen sich Sammelbände über einst tagespolitisch aktuelle Zeitungskolumnen nicht rasend gut. Die Zweitverwertung seiner Medienmelange -Texte (jeden Sonntag im Kurier ) pusht Thomas Maurer aber mit einer ziemlich erfolgreichen, wenn auch wenig originellen Drittverwertung: Er liest die besten der kompilierten besten Kolumnen der letzten sieben Jahre, die unter dem Titel Im Wendekreis der Wende beim Czernin Verlag erschienen sind, und "schwadroniert dazu".

Schwadronieren kann Thomas Maurer ziemlich sehr gut. Das Kramen in kollektiven Erinnerungen ist aber auch nötig. Denn vieles, was in der Ära Schüssel passierte, ist längst vergessen. Maurer leitet daher das Blockseminar der Neigungsgruppe Innenpolitik mit Bonmots und treffenden Beobachtungen ein. Dass man Haider durch Strache hätte ersetzen können, das tue dem Jörg sicher mehr weh als ihm.

Er hätte sich zwar gefragt, sagt Maurer zu Beginn von Papiertiger, wer zu einem Abend mit lauter alten Kolumnen kommen würde. Doch das nur angeblich neue Programm von Stermann und Grissemann machte ihm viel Mut. Zudem bleibt es nicht beim lustvoll zelebrierten Hilmar-Kabas-Bashing, das wirklich Schnee von gestern ist. Geschickt stellt Maurer immer wieder Bezüge zur Gegenwart her: Er erzählt, dass auch er fast Mitglied im "Verein der Freunde der Polizei" gewesen worden wäre, stellt fest, dass der Austropop durch den Tod Danzers 50 Prozent an Qualität eingebüßt habe, und meint zum Scheitern der Schulreform: "Wie schaut das denn aus, wenn auch der Sohn vom Chauffeur aufs Lycée geht?"

Dennoch ist Papiertiger über weite Strecken "nur" eine Lesung. Was nicht weiter stört: Selbst die weniger witzigen Kolumnen vermag Maurer grandios zu interpretieren, da er Stimmen, Stile und Formate perfekt imitiert. Kein Wunder daher, dass es im Kabarett Niedermair erst wieder ab Ende Jänner Karten gibt. (Thomas Trenkler /DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2007)