Bild nicht mehr verfügbar.

Der Wissenschaftsminiter kritisiert mangelnde Kompromissbereitschaft der Bildungsministerin.

Foto: AP/Hans Punz
"Am 23. April hat Vizekanzler Molterer gesagt: 'Mein Gott, testen wir es halt'. Wir wären heute schon weiter, wenn Claudia Schmied diese Aussage akzeptiert hätte." Wissenschaftsminister Johannes Hahn nahm am Montag am Rande einer Pressekonferenz zum geplatzten Schulgipfel Stellung. Er kritisierte Bildungsministerin Schmied dafür, dass sie "an der neuen Schulform" seit Monaten festhält, und die Forderungen der ÖVP nicht akzeptiert. Die SPÖ sieht in Sachen Schulreform nun Hahn am Zug, Kontakt mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied aufzunehmen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer kritisierte am Montag "die Gesprächsverweigerung der ÖVP". Peinlich berührt geben sich die Oppositionsparteien

Hahn wiederholte die Punkte, die für ihn "wichtig für die Zukunft" sind:

  • Qualifizierte Mitbestimmung der Betroffenen: Lehrer, Eltern und Schüler sollen mitentscheiden dürfen
  • Sicherstellung, dass Wahlfreiheit zwischen Schulversuchen und Regelschulmodellen - in einer angemessenen örtlichen Entfernung - gegeben ist
  • Bekanntgabe der Evaluation und der Ergebnisse der bereits stattgefundenen Schulversuche

    "Mangelhafte Unterlagen"

    Am Sonntag sei es deshalb zu keinen Gesprächen gekommen, weil von Seiten der Ministerin kein Entgegenkommen zu bemerken war, so Hahn. Bei vorigen Gesprächen habe man sich auf die Mitbestimmungsrechte geeinigt, berichtet der Wissenschaftsminister, in den Unterlagen der Ministerin wurde es aber dann plötzlich als "Mitwirken und Anhörungsrechte" beschrieben: "Die Qualität der Unterlagen war mangelhaft."

    Punkte umsetzen

    Seit dem Wochenende arbeiten nach dem geplatzten Gipfel zwischen Hahn und Schmied nun die Mitarbeiter beider Ministerien an einer Lösung. "Es zeichnet sich eine Bewegung ab", berichtet Hahn, "mir soll es recht sein." Die Kompromissvorschläge aus dem Bildungsministerium seien ihm am Montag Früh zugegangen, so Hahn. Beim ersten Überfliegen habe er festgestellt, dass auch dort die Wahlfreiheit nicht sichergestellt sei. Er könne auch nicht herauslesen, dass alle Modelle gleich behandelt werden.

    Hahn möchte nicht ausschließen, dass er die Gespräche mit Schmied wieder aufnehmen wird. "Wir wollen ja zu einem Ergebnis kommen." Die Bedingung sei aber, dass die genannten Punkte umgesetzt werden. In den nächsten Tagen werde die ÖVP selbst einen ausformulierten Entwurf vorlegen.

    Große Eile sei bei diesem Thema aber laut Wissenschaftsminister sowieso nicht angebracht: Es sei "nicht nötig, mit der Brechstange durch die Landschaft zu ziehen", meinte Hahn. Er könne nicht beobachten, dass "alle deppert wären", meint er Hinblick auf die Schüler.

    "Koalition nicht an der Kippe"

    Ob der Schulstreit Konsequenzen für die Koalition bringen könnte? "Wenn neue substantielle Unterlagen vorliegen, dann steht die Koalition nicht an der Kippe", so der Wissenschaftsminister.

    SPÖ will weiterverhandeln

    Die SPÖ sieht in Sachen Schulreform nun Hahn am Zug, Kontakt mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied aufzunehmen. Man gehe davon aus, dass sich Hahn den ihm übermittelten Kompromissvorschlag genau ansehen werde, hieß es aus dem Unterrichtsministerium gegenüber der APA. Die SPÖ drängt unterdessen darauf, dass Hahn "an den Verhandlungstisch zurückkehren" soll. Die SPÖ sei bereit, "umfassend, offen und ohne Bedingungen über die Modelle der Neuen Mittelschule und die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren", so Kalina. Nicht geben werde es allerdings "Scheinlösungen, deren einziges Ziel es ist, der Beton-Fraktion um GÖD-Chef Neugebauer eine Vetokarte in die Hand zu geben".

    Bundeskanzler: "nicht Ausdruck einer konstruktiven Zusammenarbeit"

    "Die Durchsetzung von Maximalstandpunkten oder das bewusste Scheiternlassen eines Projektes ist nicht Ausdruck einer konstruktiven Zusammenarbeit zweier Regierungspartner", meinte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Montag in einer Aussendung.

    Gusenbauer "bedauert" die Gesprächsverweigerung durch die ÖVP und verwies auf die zahlreichen Kompromissvorschläge der zuständigen Unterrichtsministerin Claudia Schmied in den bisherigen Verhandlungsrunden. Der Kanzler unterstrich erneut die Notwendigkeit einer Bildungsreform.

    Kritik von der Opposition

    Peinlich berührt sind die Oppositionsparteien angesichts der Regierungsvorstellung: "Das Theater um die Schulreform ist an Skurrilität nicht mehr zu überbieten", meinte der Grüne Bildungssprecher Dieter Brosz in einer Aussendung. Schmieds Modell würde ohnehin nur für eine Minderheit von Schülern gelten. "Das heißt, hier geht es wie schon seit Monaten in der Regierung wieder nur darum: Wer lässt den anderen in der Öffentlichkeit dumm aussehen." BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner wiederum forderte SPÖ und ÖVP auf, ihr "Regierungs-Halloween rund um die Bildung zu beenden" und "endlich miteinander zu arbeiten oder gemeinsam abzutreten", so Haubner. Kein Volksschüler würde sich "so kindisch verhalten wie die beiden zuständigen Fachminister mit ihren Parteisekretariaten".

    Schüssel will sich nicht "verschweigen"

    Im Rahmen einer Pressekonferenz der ÖVP Oberösterreich sagte ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel zum Thema Bildung: "Ich will mich da gar nicht verschweigen". Die ÖVP sei immer dafür, Gutes weiter zu verbessern. Dass das derzeitige Bildungssystem nicht schlecht sei, beweise die hohe Beschäftigungsquote der jungen Menschen. Die ÖVP sei für "jede Form von sinnvollen Schulversuchen". Als Bedingung nannte er jedoch, nur wenn die Länder dies wollten und die Mitbestimmung von Schülern, Eltern und Lehrern am jeweiligen Standort gewährleistet sei.

    Landeshauptmann Josef Pühringer ergänzte, auf der Suche nach der "besten Schule" dürfe es keine ideologischen Anweisungen oder Zwangsbeglückung geben. (apa/rwh, derStandard.at, 29.10.2007)