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Der Rohölpreis sprang auf ein Rekordniveau. 93 Dollar wurde für ein Fass aus US-Förderung am Montag bereits bezahlt. Zum Ausgleich fällt der Dollar weiter, der Euro wurde zeitweise um mehr als 1,4430 Dollar gehandelt. Experten rechnen trotzdem mit einem Inflationsschub.

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Wien – Der anhaltend hohe Preis für Rohöl nährt die Inflationsängste in Europa. Der in Relation zum Dollar weiter sehr starke Euro wird den kommenden Teuerungsschub nicht komplett ausgleichen können, fürchten Ökonomen.

Das Institut für höhere Studien in Wien (IHS) beispielsweise berechnete die Prognose für die Wirtschaftsentwicklung heuer sowie im nächsten Jahr noch auf Basis eines Ölpreises von 67 Dollar sowie eines Euro-Kurses von 1,35 Dollar. Daraus ergab sich unter anderem eine Prognose für die Jahresinflationsrate (österreichischer Verbraucherpreisindex) von 1,6 Prozent. Die Kollegen vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) errechneten mit ähnlich gelagerten Annahmen 1,7 Prozent Geldentwertung für 2008.

Ulrich Schuh, Leiter der Abteilung Ökonomie & Finanzwirtschaft im IHS, sagt im Gespräch mit dem STANDARD: "Die Annahmen für die Prognose waren sicher zu optimistisch." Über eine Revision sei bisher noch nicht eingehend diskutiert worden, aber die "üppige Ölpreiserhöhung im heurigen Herbst" werde die Inflation ziemlich sicher nach oben treiben. Üblicherweise schlagen die hohen Rohölpreise mit einer Verspätung von bis zu zwei Quartalen auf die Inflation durch.

Dass sich ein Ölpreisrekord nicht mehr so desaströs auf die Wirtschaft in Westeuropa auswirke wie noch im vorigen Jahrzehnt, habe, so Schuh, mehrere Gründe: Erstens wirke der hohe Euro-Kurs dämpfend, da Öldeals in Dollar fakturiert werde. Zweitens hätten die Unternehmen gelernt, mit hohen Ölpreisen umzugehen, und durch Effizienzsteigerungen hohe Energie- und Rohstoffpreise verkraften zu können.

Zinsfrage

Andererseits animiere die trotz allem robuste Konjunktur die Unternehmen dazu, die gestiegenen Kosten auch in den Preisen unterzubringen (wie die Arbeitnehmer in der aktuellen Lohnrunde pochen so auch die Firmen auf ihren "Anteil" an der guten Konjunktur). Gelingt es den Firmen nun, steigert auch dies das allgemeine Preisniveau.

Spannend wird, wie die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert. Deren Präsident, Jean-Claude Trichet, warnte zuletzt vor anhaltenden "Aufwärtsrisiken" für die Inflation. Die beabsichtigte Zinserhöhung im Euroraum dürfte bis Jahresende sistiert sein, wird im Allgemeinen erwartet. In den Vereinigten Staaten spekuliert man hingegen wie berichtet auf eine Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed.

Schuh: "Für die Notenbanker in Europa wird es ein Dahintanzen auf des Messers Schneide sein" – denn sie müssten die Zinsen anheben, weil der selbst gesetzte Grenzwert von maximal zwei Prozent Inflation im Euroraum überschritten werden könnte, während gleichzeitig die Konjunktur ins Stocken gerät.

Der unmittelbare Anlass für den neuerlichen Sprung beim Rohölpreis dürfte laut Experten gewesen sein, dass Mexiko kurzfristig ein Fünftel der Förderung angehalten hatte. Seit Mitte August stieg der Ölpreis um ein Drittel. Als Gründe werden die Spannungen zwischen der Türkei und dem Ölförderland Irak wegen der Kurdenfrage gesehen. Weiters erzeugen Dollarschwäche sowie Unsicherheiten über die Versorgungssituation mancher Staaten vor dem kommenden Winter spekulationsgetriebene Nachfrage. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.10.2007)