Die Einkommenssteuer muss weg. Es ist falsch, von oben etwas zu verordnen, was unten nicht gewollt wird. Die Mitbestimmung der Steuerzahler muss gesichert sein. Und wenn es keinen Konsens gibt, bedeutet das, dass es die Mehrheit der Leute nicht will. Eine verpflichtende, einheitliche Steuer ist keine Zukunftsperspektive.

Vielleicht setzt Vizekanzler Wilhelm Molterer demnächst zu diesem Plädoyer an. Oder bringt ähnlich beliebte Errungenschaften wie die Pensionsreform oder die 0,8-Promille-Grenze für Autofahrer zu Fall. Geübt hat er ja schon.

Mit den zitierten Argumenten - die kursiven Passagen stammen aus einem Standard-Interview - kämpft ÖVP-Chef Molterer derzeit gegen die von der SPÖ geforderte "Neue Mittelschule". Selbst Schulversuche will die ÖVP nur dann zulassen, wenn die Eltern und Lehrer zustimmen. Und zwar auch jene, deren Schützlinge gar nicht betroffen sind.

Das Kalkül ist durchsichtig. Mit gutem Grund baut die ÖVP darauf, dass viele Lehrer und Eltern die verhasste Gesamtschule im Einzelfall ohnehin ablehnen würden. Je höher die Bildungsinstitution, desto weiterverbreitet der Standesdünkel. Väter und Mütter fürchten, dass ihre ach so begabten Sprösslinge von minderbemittelten Mitschülern gehemmt würden. AHS-"Professoren" kämpfen um den Status als Elite der Lehrerschaft.

Die ÖVP hat das gute Recht, gegen die Gesamtschule zu sein. Aber dann soll sie Sachargumente ins Treffen führen und sich nicht hinter einer Klientel verschanzen. Regieren heißt, auch unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen durchzuziehen - im Zweifelsfall ohne Sanktus der Betroffenen, die sich bei Wahlen ohnehin artikulieren können. Mit Rücksicht auf ein diffuses Volksempfinden ließe sich so einiges abschaffen, auf das der Staat nicht verzichten kann. Oder zahlen Sie gerne Steuern?