Harald Köck in seinem Atelier mit Leichenbildern: "Immer neue Facetten."

Foto: Hendrich

Lieber vom Leben gezeichnet als vom Köck gemalt. Wer von Harald Köck porträtiert wird, ist in aller Regel tot.

Köck hat heuer zwei runde Jubiläen begangen, 50 Jahre Leben, sein eigenes, und 20 Jahre Tod. Seit 1987 zeichnet und malt er Leichen. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema hat mit dem Tod des eigenen Vaters begonnen und sich fortgesetzt, als Köck Zivildiener im Rettungswagen des Roten Kreuzes war. Auf der Akademie der Bildenden Künste hat er beim anatomischen Zeichnen Hans Bankl, den berühmten, mittlerweile verstorbenen Pathologen kennengelernt. Bankl lud den interessierten Studenten, der so vom Tod fasziniert war, ins Pathologische Institut ein. Dort sollte er malen, wenn leblose Körper geöffnet wurden. Köck ließ sich nicht lange bitten. Der erste Zyklus "Leib ohne Seele" entstand.

"Unnatural Death"

Seitdem malt Köck Leichen. In St. Pölten oder Wien, an der Gerichtsmedizin, auf der Pathologie. In New York malte er im Mount Sinai Medical Center, gestaltete dort auch die Eingangshalle zum "Hans Popper Department". Nachts heftete er sich der Polizei an die Fersen, war bei Morden, Selbstmorden und Unfällen zu Stelle, skizzierte und fotografierte, so entstand in New York auch der Zyklus "Unnatural Death".

Zehn Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschnernobyl reiste Köck nach Minsk, besuchte die Kinderkrebsstation, arbeitete in der Pathologie. "Ich war im Krankenhaus, habe die Kinder gesehen, manche davon hab ich zwei Tage später am Seziertisch vor mir gehabt."

Organlandschaften

Natürlich wird Köck oft gefragt, warum er nicht endlich einmal etwas anderes malt, was "Schönes", Berge, Sonnenaufgang, Landschaften. "Ich male Organlandschaften", sagt er. Ihm ist durchaus bewusst, dass der Betrachter "das nicht will", er selbst will aber weniger provozieren, ihm geht es um die Auseinandersetzung. Eine manische Verbundenheit zum Thema ist aber nicht zu leugnen. "Der Tod kann sich nicht erschöpfen", sagt Köck, "der ist so vielseitig, zeigt immer neue Facetten. Wie das Leben."

Außerdem: "Der Tod ist der Höhepunkt meines Schaffens. Ich als Produzent werde abtreten, aber das Werk bleibt."

"Vorzeitig beenden"

Angst vor dem Tod hat er selbst nicht. Nur vor dem Sterben: "Wenn es mit Schmerzen verbunden ist. Aber dann würde ich es vorzeitig beenden."

Manche gehen Köck aus dem Weg, weil sie die Konfrontation mit dem Thema scheuen. Er selbst hat ein entspanntes Verhältnis dazu. Wenn er über Freunde oder Bekannte spricht, die bereits verstorben sind, fügt er wie selbstverständlich immer die Todesursache hinzu. "Leukämie" etwa, "Lunge", "Leber" oder schlicht "Alter".

"Bewegung" im Thema

In der aktuellen Ausstellung "exitus. tod alltäglich" im Wiener Künstlerhaus (in Zusammenarbeit mit der Bestattung Wien, zu der Köck selbstverständlich beste Beziehungen hat) ist er gleich mit mehreren Exponaten vertreten. Neben seinen Bildern (Verkaufswert zwischen 3000 und 5000 Euro) ist dort auch eine Sarginstallation zu sehen. Während der zwei Monate, in denen der Sarg bei ihm im Atelier stand, kamen immer wieder Freunde vorbei, zum Probeliegen. Wer im Künstlerhaus in die Sarginstallation blickt, wird in einem Spiegel auch sich selbst sehen. Nebenbei ist mit dem Sarg ein Video entstanden. "Ich wollte ein bisschen Bewegung in das Thema bringen."

Selbst seinen Hund Schulmeister, der vor zehn Jahren verstorben ist, hat Köck für die Ausstellung verarbeitet. In dem Raum, in dem Urnen ausgestellt sind, steht auch jene seines Hundes. Auf einer Herdplatte, mit einer digitalen Temperaturanzeige. Es geht um die Wiedererwärmung des Hundes. "Ich wollte ihn auf Betriebstemperatur bringen", sagt Köck. Ja, er weiß, dass das seltsam ist. (Michael Völker, DER STANDARD Printausgabe, 31.12.2007)