Darmstadt/Cambridge - Wie die Erreger der tödlichen Schlafkrankheit dem menschlichen Immunsystem entkommen, berichtet ein Biologenteam unter Leitung von Markus Engstler von der Technischen Universität Darmstadt im Fachjournal "Cell" (Bd. 131, S. 505). Demnach transportieren die spindelförmigen Parasiten die für sie gefährlichen Antikörper zu ihrem hinteren Ende und fressen sie auf. Bisher sei unklar gewesen, wie die Parasiten trotz der ständig steigenden Menge von Antikörpern im Blut des Menschen überleben können. Die neuen Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung einer neuen Therapie gegen die Schlafkrankheit helfen.

Erzeugte Strömung

Die von der Tsetsefliege übertragenen Erreger (Trypanosomen), parasitische Einzeller, schwimmen nach Beobachtung der Biologen pausenlos in eine Richtung und erzeugen damit eine Strömung. Die Antikörper werden durch diesen "Fahrtwind" nach hinten in Richtung Zellmund getrieben. Dort werden sie aufgenommen und verdaut und können so das Immunsystem nicht mehr alarmieren. "Der Einzeller frisst die für ihn tödlichen Antikörper", betonen die Forscher.

Gegenstrategie

Mithilfe eines genetischen Tricks, der sogenannten RNA-Interferenz, schalteten die Forscher im Labor bei Trypanosomen den "Rückwärtsgang" ein. Ergebnis: Statt nach hinten zum Zellmund zu wandern, gelangten die Antikörper zur Vorderseite der Zelle. Damit sei auch geklärt, warum die Erreger niemals aufhören, vorwärts zu schwimmen, auch wenn sie im schneller fließenden Blut des Menschen kaum vorankämen: Sie schwimmen um ihr Leben. Könnte man sie wie im Labor auch im Körper mit Hilfe der RNA-Interferenz am Schwimmen hindern, wären sie dem menschlichen Immunsystem hilflos ausgeliefert.

Nach den Angaben der Max-Planck-Gesellschaft leben mehr als 60 Millionen Afrikaner südlich der Sahara im Risikogebiet der Schlafkrankheit. Diese "vergessene Krankheit" fordere viele Tausend Todesopfer jährlich. (APA/dpa)