Auf die Rache wie Bronson, auf den Bus, auf den Richtigen, auf einen Sieg der Fußballnationalmannschaft, oder auf Godot … Das Warten zieht sich durch unser Leben wie ein roter Faden, gerade heute. Denn obwohl die Distanzen kleiner, die Räume enger und der Organisationsgrad der Gesellschaft größer geworden ist, wächst "in den Zentren der mobilen Gesellschaft die Schlange der Wartenden. Ob im Vorzimmer einer Behörde oder am Ende der Leitung – die Grunderfahrung ist ein Gefühl der Zeitverschwendung", schreibt Andrea Köhler in ihrem wunderbar kurzweiligen 100-Seiten-Essay Lange Weile. Über das Warten (€ 15,50, Insel). Allerdings geht es Köhler, die als Kulturkorrespondentin der NZZ in New York lebt, nicht um Kulturkritik. Vielmehr versucht sie aufzuzeigen, dass man manchmal stehen bleiben muss, damit einem etwas zufallen kann. Warten hat mit Werden zu tun, es ist ein Übergang, Entwicklungsperioden wie Schwangerschaft und Pubertät sind von ihm bestimmt, auch der künstlerische Schöpfungsakt, dem es fast immer vorausgeht. Zitiert werden in diesem auf hohem Niveau unterhaltsamen Buch "Gern-warter" wie Handke und Benjamin, aber auch Barthes, Anders, Freud, Sloterdijk und andere. Ungeduldige wie Polgar ("Als ich um halb elf auf die Uhr sah, war es erst halb zehn") kommen ebenfalls zu Wort. Auch auf die Gefahren des Wartens weist Köhler hin. "Wer warten kann, weiß, was es heißt, in der Möglichkeitsform zu leben. Doch wird alles Warten zu einem Versäumnis, wenn es nur bei der Möglichkeit bleibt", was heißt, "daß wir unser Leben verpassen über den falschen Hoffnungen, die uns das Gegebene übersehen lassen." (steg, ALBUM/DER STANDARD/Printausgabe, 03./04.11.2007)