Der Mann, der dort oben auf der Bühne der Wiener Stadthalle als fleischgewordenes Duracell-Häschen hüpft und hüpft und hüpft - und zwischendurch die Gitarre im jamaikanischen Turbopolka-Stil schrammelt und Vollgasalarm für die Erben Bob Marleys gibt, hat das vorwiegend aus dem virtuellen Ausland, also aus weiter Ferne so nah kommende E-Mail-Eingangssignal - Bling! - über sein Laptop-Musikprogramm GarageBand einst zu seinem hauseigenen Kammerton gemacht.
Vor gut zehn Jahren startete der 46-jährige Frankospanier Manu Chao mit seinem heutigen internationalen Weltjugend-in-Aufruhr-Kaffeehausklassiker Clandestino eine weltumspannend antiglobalistische Karriere beim Unterhaltungskonzern EMI. Die hielt nun nach all den Jahren im revolutionären Weltverbesserung-durch-bewusster-CD-legal-erwerben-Geschäft erstmals auch in der Wiener Stadthalle vor achttausend Leuten Hof: Bling!
Manu Chao vertraut als der Welt beliebtester Globalisierungskritiker weniger den auf seinen CDs dokumentierten, freundlich faulen Reggae-Offbeats. Bei denen kann man bekannterweise schon einmal eine Pause vom hektischen Prekariat in Fortbildungskursen für überqualifizierte Jungakademiker einlegen: "Infinita tristeza late en mi corazon ..." Und "late" ist hier kein Milchkaffee bei Starbuck's. Manu Chao vertraut während seiner zweistündigen Show in Wien vielmehr einer geschätzt dreifachen Geschwindigkeitssteigerung seiner vom Publikum trotzdem noch wiedererkannten Lieder.
Neue, zwischen dem Plastik-Rockabilly Billy Idols (mit Hirn), südamerikanischer Salsa-Überhitztheit (Schnupftabak!) und dem Roots-Reggae Peter Toshs (beim Trainieren für den Hanftest auf dem Kommissariat) heruntergeprügelte und mit eingesprungenen Rittbergern verzierte Songs wie Politik Kills oder 13 Dias gehen mit dem alten Überhit Bongo Bong ebenso überhitzt einher, wie hier überhaupt dem Durchatmen nur wenig Chance gegeben wird. Dabei braucht doch vor allem der Kiffer einen langen Atem!