In einer Welt, in der das Credo "Mach mehr aus deiner Zeit!" zum Imperativ erhoben wird und den Ruf nach "Multitasking" und "permanenter Verfügbarkeit" nach sich zieht, stellt sich die Frage, wie die "feinen Unterschiede" in der Lebensgestaltung aussehen, die wirklich einen Unterschied machen. Dem kann man sich von zwei Seiten her nähern: der Arbeits- und der Freizeitgestaltung.

Auf der einen Seite zeigen die Daten des Vienna Career Projects, dass die investierte Lebensenergie in den Beruf nicht nur gestiegen, sondern auch schneller im Steigen begriffen ist: Zwar unterscheiden sich bei WirtschaftsabsolventInnen, die 1970 mit ihrer Karriere begonnen haben, und jenen, die 1990 ins Jobleben eingestiegen sind, die in den Beruf gesteckte Kraft nur geringfügig (ca. 65 Prozent der Lebensenergie). Allerdings ist für die zweite Gruppe die Steigerungsrate über die ersten zehn Jahre doppelt so groß.

Im Klartext: Offenbar wird man heute schneller dazu genötigt, mehr für die Arbeit zu tun, als dies früher der Fall war. Ob die neuen Kommunikationsmöglichkeiten (E-Mail, Laptop usw.) also wirklich eine Befreiung mit sich gebracht haben, ist von diesem Standpunkt aus betrachtet eher zweifelhaft.

Auf der anderen Seite - der Freizeitgestaltung - lassen sich Lebensstilbündel identifizieren, die mit der Karriere einhergehen: So zeigen sich 14 Faktoren, die Unterschiede im Einkommen oder der Karrierezufriedenheit erklären. Demnach ist es für die Geldbörse förderlich, sich für Politik und Wirtschaft zu interessieren, aber auch, Zerstreuung in der TV-Unterhaltung zu suchen.

Frage des Lebensstils

Jedoch wirkt sich "Hochkulturverhalten" (Oper, klassische Literatur usw.) nicht auf den objektiven Karriereerfolg - zum Beispiel Gehalt - aus, sondern nur auf die Zufriedenheit.

Allerdings: Abendliche Unterhaltung im Kino oder im Wirtshaus ist ebenso wie das Lesen von Trivialliteratur auch keine Beschäftigung für Erfolgreiche. Personen mit diesem Lebensstil erzielen ein geringeres Einkommen und werden unzufrieden mit ihrer beruflichen Entwicklung. Also: Vom TV-Konsum abgesehen ist es nicht gerade die Hingabe an die Leichtigkeit des Seins, die erfolgsversprechend scheint. (Thomas M. Schneidhofer*, Der Standard, Printausgabe 3./4.11.2007)