Wien - Und täglich grüßt das Fremdenrecht: Schon wieder kommt der Nationalrat nicht daran vorbei. Die Grünen starten den nächsten Anlauf, den, wie sie es nennen, "Fremdenrechtspfusch", ins Parlament zu bringen.

Auslöser dafür ist die Kritik von Karl Korinek, Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der im Fremdenrecht "massive Fehler" und die "Gefährdung des Rechtsstaats" sieht. In der ÖVP blieb Korineks Ermahnung folgenlos. Die Evaluierung des Fremdenrechts gebe es wie geplant erst 2009, weil "man diesen Zeitraum braucht, um zu schauen, wie es wirkt", so ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon.

Die ÖVP solle "die Bedenken des VfGH-Präsidenten Korinek nicht einfach vom Tisch wischen", sagte SPÖ-Geschäftsführer Josef Kalina. Und setzte eindeutig zweideutig fort: Eine vorzeitige Evaluierung gebe es dennoch nicht. Das sei "erst sinnvoll, wenn es einen Asylgerichtshof gibt". Dieser soll jedoch erst Mitte 2008 eingerichtet werden.

Am Mittwoch wollen die Regierungspartner die Einrichtung des Asylgerichtshofs im Ministerrat beschließen. Die ÖVP erhofft sich durch ihn und eine Aufstockung des Personals schnellere Verfahren. "Die Verfahrensbeschleunigung ist jetzt vorrangig", sagt auch SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni. Außerhalb der Koalition dominieren hingegen die kritischen Stimmen, zumal laut Gesetzesentwurf der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nun nicht mehr von Asylwerbern angerufen werden kann. "Eine sehr bedenkliche Lösung", sagt Barbara Helige, scheidende Präsidentin der Richtervereinigung. Sie bezweifelt, wie auf diese Weise für die Betroffenen Rechtsschutz gewährt werden könne. "Der Asylgerichtshof allein wird nichts ändern."

Generell habe sie den Eindruck, es gehe der Regierung nur darum, "dass alles ganz schnell abläuft". Denn: "Die Fristen machen es den Höchstgerichten unmöglich, wenn sie faire Chancen für Asylwerber schaffen wollen." Bereits am Freitag hatte sich VwGH-Präsident Clemens Jabloner negativ "überrascht" von den Regierungsplänen gezeigt.

Harsche Kritik an der geplanten Entmachtung des VwGH in Asylfragen kommt auch von der Wiener Anwältin und Obfrau der Menschenrechtsgruppe SOS Mitmensch, Nadja Lorenz: "Hier soll einer gesamten Bevölkerungsgruppe ein Recht genommen werden, das jedem anderen Menschen in Österreich zusteht: sich gegen Verfahrensmängel und schwerwiegende inhaltliche Verfahrensfehler vor einem Höchstgericht zu wehren." (bri, kap/DER STANDARD, Printausgabe, 6.11.2007)