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Nagelprobe für den von Verkehrsminister Werner Faymann postulierten Sparkurs des hochverschuldeten Autobahnbauers Asfinag: Die vom Land Niederösterreich favorisierten Schnellstraßen im Marchfeld und im Traisental wären teurer als die Varianten der Asfinag.

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Wien – Kaum ist das neue Vorstandsduo Alois Schedl und Klaus Schierhackl in die Asfinag-Chefetage aufgerückt, steht schon die Nagelprobe für die von Verkehrsminister Werner Faymann postulierte neue Infrastrukturpolitik an. Wie der neue, vorgeblich sparsamere Autobahnbau aussehen wird, dürfen Eigentümer und Asfinag in Niederösterreich unter Beweis stellen. Im flächenmäßig größten Bundesland gibt es nämlich zwei Schnellstraßenprojekte, an deren Trassenverlauf sich die Geister scheiden. Mit gutem Grund, denn bei der S8 (Marchfeld-Schnellstraße von der Wiener Stadtgrenze bis Bratislava) geht es um ein Volumen von ca. 610 Mio. Euro, das 2015 verbaut werden soll.

Die Entscheidung drängt. Nicht, weil die 34 Kilometer lange Strecke eine Umweltverträglichkeitsprüfung braucht, sondern weil im Frühjahr 2008 in Niederösterreich gewählt wird. Auch für diesen Wahlkampf ist Straßenbau auf Kosten des Bundes eine ideale Werbung. So sieht die von St. Pölten favorisierte Trassenführung für die S8 auch aus: Die originellerweise "Bürgermeister-Variante" genannte Streckenführung beginnt weder beim S1-Knoten Süßenbrunn noch beim Knoten Raasdorf (siehe Grafik), sondern dazwischen (was erhebliche teurer ist) und verläuft quer durchs Marchfeld und nähert sich südlich des Safariparks dem "Marchegger Ast" der ÖBB und bei Marchegg der Grenze zur Slowakei.

Die von der Asfinag favorisierte "Schnellstraße Süd" hingegen startet beim S1-Knoten Raasdorf und verläuft nächst der Eisenbahn. Sie ist kürzer, bräuchte weniger Lärmschutzwände als die Kette von Ortsumfahrungen und wäre auch billiger (dem Vernehmen nach um bis zu 200 Mio. Euro). Der Druck aus St. Pölten, die in altem Geld auf 8,4 Milliarden Schilling taxierte "Bürgermeister-Variante" zu realisieren, ist laut Asfinag und Verkehrsministerium beträchtlich, die Niederösterreicher drängten auf eine Festlegung tunlichst vor der Landtagswahl im März oder April.

Im Prinzip müsste sich Verkehrsminister Faymann als Asfinag-Eigentümer gegen die Bürgermeister-Variante querlegen, müsste dabei doch der Bund Ortsumfahrungen finanzieren, für die Länder und Gemeinden zuständig sind. Da sich aber auch die Oberösterreicher mit dem Bau der (für das hochrangige Straßennetz entbehrlichen und schwer unrentablen) S10 und A26 durchgesetzt haben, stufen Insider die Gefahr, dass erneut ein "Wunschprogramm der Länder" gebaut wird, als "erheblich" ein.

Rückgrat gefragt

Gelingt es Pröll, die Bürgermeister-Variante "durchzudrücken", bleibt noch etwas auf der Strecke: Die von ÖBB-Aufsichtsratschef und Asfinag-Vizepräsident Horst Pöchhacker gepriesenen Synergien zwischen den beiden hochverschuldeten Verkehrsinfrastrukturbetreibern der Republik. Die gäbe es bei der entlang des Marchegger Asts verlaufenden Schnellstraße Süd tatsächlich.

Das Rückgrat Pöchhackers ist auch bei der Traisental-Schnellstraße S34 gefragt: Sie muss nach dem Wunsch Faymanns bereits ab 2010 gebaut werden (statt ab 2012), soll nach dem Willen Prölls vom A1-Knoten St. Pölten quer durch das Traisental verlaufen und bei Wilhelmsburg in die B20 münden. Kostenpunkt: 223 Millionen Euro netto. Die Asfinag würde westlich der B20 um rund 50 Millionen Euro billiger bauen.

Laut Asfinag-Projektergebnisrechnung sind sowohl S8 als auch S34 nicht prioritär, weil zu wenig ausgelastet und daher unrentabel: die S8 mit minus 415 Mio. Euro und die S34 mit minus 155 Mio. Euro. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.11.2007)