Wien - Wo Rapid ist und wo Rapid sein könnte, ist zweierlei. Dafür hat Ried gleich zwei Trainer, das ist nach einer 0:4-Niederlage im St. Hanappi gar nicht so unangenehm. Man kann sich nämlich teilen. Thomas Weissenböck schaute fix und fertig in eine Fernsehkamera, Gerhard Schimpl lieferte derweil Erklärungen in das Mikrofon eines oberösterreichischen Radiosenders ab. Die beiden Herren sind völlig gleichberechtigt, es ist also egal, wer da schaut und wer da spricht. Ab dem Frühjahr soll es nur einen geben, vermutlich keinen der beiden.

Schimpl musste zugeben, dass das 0:5 bei Sturm kein Umfaller gewesen ist, dieses Ergebnis wurde nur ganz knapp verfehlt: "Wir haben Rapid zum falschen Zeitpunkt erwischt. Die waren hungrig, wir sind satt. Das müssen wir gemeinsam analysieren und der Mannschaft mitteilen."

Peter Pacult hat das Glück, nur einer zu sein, zumal er ohnedies am liebsten mit sich selbst diskutiert. Zumindest über Fußball. Was ihm bei Rapid nicht nur Freunde beschert. Des Trainers Mitteilungsbedürfnis ist begrenzt, das hat mit seinen persönlichen Erfahrungen unter Ernst Happel zu tun, dessen Schweigen ihm stets imponiert hat. Kritik an kaum nachvollziehbaren Personalentscheidungen oder Fragen nach wundersam anmutenden Taktiken lehnt Pacult strikt ab.

Ein solides 4:0 ist natürlich kaum zu bekritteln, Rapid liegt an vierter Stelle, und die Spitze ist überhaupt nicht weit entrückt. Ätsch, denkt da einer wie Pacult, vor ein paar Wochen habe man den Klub noch als Mittelmaß abgetan, jetzt wüssten es die Gscheiterln besser. "Das ist das Schöne am Sport. Kompliment an meine Mannschaft, Kompliment an die Zuschauer, sie haben Geduld bewiesen."

Pacult ließ sich übrigens als Torschütze feiern, er lukrierte das Kopftor des Andreas Dober zum 3:0. "Das gehört zu 99 Prozent mir. Ich habe ihn angeschrien, dass er beim Corner gefälligst in den Strafraum gehen soll. 0,8 Prozent gebühren Hofmann, der den Eckball schön getreten hat. Nur 0,2 Prozent stehen Dober zu." Hoffer trifft

Wohin Rapids Wege (Rechnungen) führen, weiß nicht einmal Pacult, die Richtungen (Zahlen) wechseln von Match zu Match. Das gilt freilich für nahezu alle Teams der Bundesliga. Sportdirektor Alfred Hörtnagl: "Ich will gar nicht darüber nachdenken, wo wir stehen könnten."

Rapid schöpft aus dem Vollen, nur Markus Katzer ist verletzt. Der Rest rauft um elf Plätze. Erwin Hoffer, der bei der U20-WM in Kanada berühmt wurde (lag eher an den Wortspenden der Oma Hoffer), hat gegen Ried sein erstes Saisontor erzielt, den Hunger gestillt. Pacult war auch daran beteiligt: "Weil er mir immer wieder Chancen gegeben hat." (Christian Hackl - DER STANDARD PRINTAUSGABE 5.11. 2007)