Als Rene Obermann am 13. November 2006 das Ruder der Deutschen Telekom übernahm, drohte der Konzern in niedrigem Fahrwasser auf Grund zu laufen. Der Preiskampf in Deutschland hatte seinen Vorgänger Kai-Uwe Ricke den Job gekostet. Kritiker hatten ihm das Fehlen einer Strategie vorgeworfen, mit der das magentafarbene Schiff auf den richtigen Kurs zu bringen wäre. Das trauten Obermann - bis dahin Chef der Mobilfunksparte T-Mobile - auch nicht alle zu. Ein Jahr später hat er nach Einschätzung vieler Beobachter zumindest eines erreicht: Es weht ein frischer Wind im Hause Telekom.

Heftiges Gewitter

Gleich in den ersten Monaten nach dem Amtsantritt steuerte der 44-Jährige die Telekom durch ein heftiges Gewitter: Die Auslagerung von 50.000 Service-Mitarbeitern führte zum ersten Streik in der Unternehmensgeschichte. Doch Obermann setzte - wie zuvor schon bei T-Mobile - seinen Sparkurs durch und steuert den Frachter inzwischen in ruhigerer See.

Von den Großaktionären, dem Bund und dem Finanzinvestor Blackstone, kommt derzeit öffentlich kein Gegenwind, in den Medien macht Obermann eher mit der Liaison mit der ZDF-Moderatorin Maybrit Illner Schlagzeilen, die beide am Montag in der "Bild"-Zeitung verkündeten.

Kurs dümpelt immer noch um 14 Euro

Doch zufrieden können weder die großen noch die kleinen Aktionäre mit ihrem Investment sein: Der Kurs dümpelt immer noch um 14 Euro. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hatte bei Obermanns Antritt schon klar gemacht, dass der Bund ein hohes Interesse daran habe, dass die Probleme kurzfristig gelöst würden. Um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, "braucht es mehr als zwei Quartale", räumte Obermann aber jüngst in einem Interview ein.

"Wir müssen den schwierigen Spagat zwischen einem sparsamen Kurs und einer Servicekultur auf der anderen Seite hinbekommen", wusste der Telekom-Chef schon an seinem ersten Tag. Schließlich war sein Vorgänger auch an den divergierenden Interessen gescheitert.

Was Obermann unterscheidet von dem kühlen Ricke - aber auch von dem extrovertierten Ron Sommer - ist die Atmosphäre, die er verbreitet. Im Vergleich zu ihnen sei er ein "Sprung in den Galaxien", formuliert ein Mitarbeiter. Er sei immer bemüht, auch den Mitarbeitern seinen Standpunkt klar zu machen. "Es hat sich viel getan in der Sprache des Managements. Sie ist offensiver geworden", erkennt DIT-Fondsmanager Heinrich Ey an. "Obermann ist mutig herangegangen. Er hat sich dem Gegenwind, etwa der Gewerkschaft, entgegengestellt."

Gegenwind

Massiver Gegenwind kommt aber auch vom Markt. Zwar gehen die Gewinne in Deutschland nicht mehr so stark zurück wie Anfang des Jahres, als Obermann sich mit der zweiten Gewinnwarnung der Telekom binnen eines halben Jahres einführte. Doch dem Konzern gehen Festnetzkunden weiter in Scharen von der Fahne. Und Verdi droht mit neuen Konflikten, sollten die Interessen der Mitarbeiter beim Verkauf von Randbereichen zu kurz kommen.

Von den bis 2010 geplanten Einsparungen von 4,7 Mrd. Euro ist erst ein Bruchteil geschafft. Doch ohne Kostensenkungen wird es noch schwerer für die Telekom. "Es ist offenkundig, dass es für uns langfristig eine Erfolgs- und vielleicht sogar eine Überlebensfrage ist, dass wir jetzt handeln und zwar schnell", hatte er zu Beginn des Jahres gesagt.

Wachstumsperspektiven, die die T-Aktie treiben, könnten angesichts der Stagnation am Heimatmarkt nur durch Expansion im Ausland kommen, und dort vorrangig im Mobilfunk. Zuletzt hat sich der Konzern in den USA und den Niederlanden verstärkt. Doch die Chancen sind begrenzt. "Ich denke nicht, dass die Telekom in den ganz großen Märkten Russland, Indien und China zum Zuge kommen wird. Es bleibt die Frage, was kann man in Afrika noch machen", sagt Fondsmanager Ey. "Mir fehlt ein bisschen die Fantasie." (APA)