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Grafik: APA
Kopenhagen - Seit 2001 regiert in Dänemark eine rechtsliberal-konservative Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen (54). Die nötige Parlamentsmehrheit für die Gesetzesvorhaben der Regierung lieferte bisher die rechtspopulistische Dänische Volkspartei. Seit längerem schwelende, zuletzt nicht mehr überbrückbare Differenzen unter den Regierungspartnern sowie das Auftauchen einer neuen Mitte-Partei und der Aufwärtstrend bei den meisten Oppositionsparteien lassen zumindest eine "kleine Wende" erwarten. Die Wahl war vor rund zwei Wochen auf Initiative des Regierungschefs von Anfang 2009 auf den 13. November dieses Jahres vorgezogenen worden.

"Große Wende"

Die "große Wende" wäre der Wechsel von einer rechts geführten Koalition unter Fogh Rasmussen zu einer Links-Mitte-Koalition unter der Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt (40). Das gilt derzeit in Dänemark jedoch als die unwahrscheinlichere Variante. Der traditionelle Linksblock aus Sozialdemokraten, Sozialistischer Volkspartei, und der "Einheitsliste" würde nach den derzeitigen, relativ konstanten Umfragewerten mindestens zwei weitere Parteien für eine Mehrheit im Parlament benötigen. Fogh Rasmussens Regierungskoalition dürfte eine zusätzliche Partei für die Sicherung der Parlamentsmehrheit voraussichtlich genügen.

"Kleine Wende"

Als mögliche "kleine Wende" gilt ein Abgehen der bisherigen Zusammenarbeit der Mitte-Rechtskoalition mit der Dänischen Volkspartei zu Gunsten einer der beiden Mitte-Parteien oder gar einer Große Koalition mit den Sozialdemokraten - jeweils erneut mit Fogh Rasmussen als Regierungschef. Anders als bei früheren Gelegenheiten gelang es der Dänischen Volkspartei (DF) bisher nicht, dem Wahlkampf ihren Stempel aufzudrücken. Die DF liegt mit rund elf Prozent um rund zwei Prozentpunkten hinter ihrem Wahlergebnis von Jänner 2005. In der ersten Wahlkampf-Phase stahl die erst im Mai ins Leben gerufene Mitte-Partei "Neue Allianz" des syrisch-stämmigen Naser Khader (44) den Rechtspopulisten unter der als Scharfmacherin berüchtigten Pia Kjaersgaard (60) die Schau; dies trotz des provokanten Einsatzes einer Abbildung des Propheten Mohammed in der Wahlwerbung der DF.

"Neue Allianz"

Khader vermied es bisher, eine Präferenz abzugeben, welchem der beiden Blöcke seine Partei nach dem 13. November den Vorzug geben könnte. In den Umfragen liegt die "Neue Allianz" zwischen sechs und sieben Prozent praktisch gleichauf mit den Sozialliberalen. Ein derartiges Ergebnis würde Khaders Partei aus dem Stand rund zwölf der 179 Mandate im Folketing bescheren. Knapp darüber liegen in den meisten Umfragen die Sozialliberalen (Radikale Venstre), die traditionell eher dem linken Block zugerechnet werden. Aber auch die "Radikalen" unter Neo-Parterichefin Margrethe Vestager (39) wollen sich im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung alle Türen offen halten.

Duell

Auf Spitzenkandidaten-Ebene läuft alles auf einen Zweikampf Fogh Rasmussen - Thorning-Schmidt hinaus. Eine nach dem ersten TV-Duell vom Donnerstagabend vergangener Woche durchgeführte Meinungsumfrage ergab insgesamt leichte Vorteile für den amtierenden Ministerpräsidenten. Die Zuseher gaben dem Regierungschef in punkto allgemeiner Führungsqualität und wirtschaftlicher Kompetenz erwartungsgemäß den Vorzug. Andererseits hatte seine um 14 Jahre jüngere Herausforderin bei den Einzelfragen nach persönlicher Sympathie, Wohlfahrts-, Umwelt- und Asyl-Kompetenz klar das bessere Ende für sich.

Kopf an Kopf

Die Sozialdemokraten lagen zuletzt mit Zustimmungswerten um die 25 Prozent praktisch Kopf an Kopf mit Fogh Rasmussens "Venstre". Auch wenn den dänischen Kommentatoren ein vollständiger Regierungswechsel derzeit als die weniger wahrscheinliche Variante erscheint, in einem Punkt zeichnet sich jedenfalls eine Mitte-Links-Mehrheit ab: Die Involvierung Dänemarks in den Irak-Krieg und die immer noch mit zahlreichen Fragezeichen versehene Affäre rund um die Auslieferung von Gefangenen in Afghanistan an den US-Geheimdienst CIA durch dänische Soldaten soll nach der Wahl einer parlamentarischen Untersuchung unterzogen werden. Fogh Rasmussen hatte sich bisher mit Hilfe der Rechtspopulisten erfolgreich gegen die Einsetzung eines entsprechenden Ausschusses gewehrt. (Von Andreas Stangl/APA)