Nicolas Sarkozy – der Retter unschuldiger Frauen aus afrikanischen Gefängniszellen? Tatsache ist, dass Frankreichs Staatschef in der Nacht auf Montag eigenhändig vier spanische Flugbegleiterinnen sowie drei französische Journalisten aus dem Tschad abholte. Die Operation erinnert stark an die Freilassung fünf bulgarischer Krankenschwestern und eines palästinensischen Arztes in Libyen, die im Sommer ebenfalls auf das Konto Sarkozys und seiner damaligen Ehefrau Cécilia ging.
Die neueste Affäre ist ebenso vertrackt. Die Leiter der kleinen französischen Hilfsorganisation „Arche de Zoé“ waren in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena vor wenigen Tagen verhaftet worden, als sie 103 Kinder nach Frankreich ausfliegen wollten. Bloß handelte es sich nicht, wie angegeben, um Waisen aus dem westsudanesischen Krisen- und Hungergebiet Darfur, sondern größtenteils um Sprösslinge intakter tschadischer Familien. Der 37-jährige Gründer der Organisation, Eric Breteau, ein Feuerwehrmann und selbsternannter Weltverbesserer, ist deshalb im Tschad wie seine Helfer wegen Entführung und Kinderhandels angeklagt worden.
Auf Distanz
Die französische Regierung hatte sich auffällig rasch von der Hilfsorganisation distanziert und bezeichnete deren Verhalten als „illegal und völlig verantwortungslos“. Trotzdem telefonierte Sarkozy mehrmals mit seinem tschadischen Amtskollegen Idriss Déby; am Sonntag setzte er sich kurzerhand ins Flugzeug und reiste nach N’Djamena. Dort erreichte er die Freilassung der Stewardessen, die mit dem Flugzeug gechartert waren, das die Kinder nach Frankreich bringen sollte, sowie der begleitenden Journalisten.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in der tschadischen Metropole meinten Sarkozy und Déby, die Justiz beider Länder werde in den nächsten zwei Wochen gemeinsam über das Schicksal der übrigen Inhaftierten – sechs französische Leiter der Hilfsorganisation und drei Piloten aus Spanien und Belgien – befinden. Der französische Präsident äußerte den klaren Wunsch, dass ihnen in Frankreich der Prozess gemacht werde. Nach seinem nur zweistündigen Blitzbesuch in N’Djamena flog Sarkozy zusammen mit den Freigelassenen am Sonntagabend nach Madrid und dann nach Paris.
Kouchner schweigt
Sprecher der sozialistischen Opposition üben Kritik an Sarkozys „Politik des Spektakels“ und verlangen eine parlamentarische Untersuchungskommission zu einer allfälligen Mitwisserschaft der Regierung. Den französischen Medien ist nicht verborgen geblieben, wie diskret der sonst so gesprächige Außenminister Bernard Kouchner in dieser Affäre bleibt.