Dem Blick von Mustafa Kemal Atatürk, dem Vater der modernen Türkei, kann man im nach ihm benannten Kulturzentrum in Wien-Favoriten nicht entkommen. Fotografien von ihm an den Wänden, T-Shirts mit seinem abgedruckten Halbprofil und ein überlebensgroßes Bild an der Stirnseite des Vereinslokal machen klar, dass hier die Unteilbarkeit der Türkei vertreten wird.
Was ein Grund sein könnte, dass Unbekannte am Sonntag einen Brandanschlag auf die Einrichtung am Antonplatz verübt haben. Mit einer Bierflasche wurde ein Fenster eingeschmissen, eine türkische Fahne mit Atatürks Porträt und die Jalousien fingen Feuer. Ob es tatsächlich ein Molotow-Cocktail war, wie die Anwesenden erzählen, steht für die Polizei noch nicht fest. „Nach den ersten Ermittlungen war kein Brandbeschleuniger in der Flasche“, berichtet Andreas Krajcsy vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT).
Kein Bekennerbrief
Mehr kann oder will er aber nicht verraten: „Wir ermitteln derzeit noch in alle Richtungen, es gibt keinen Bekennerbrief oder Ähnliches.“ Das bestätigt Erol Güclü, Obmann des Atatürk-Vereins, doch „dass der Angriff mit den aktuellen politischen Spannungen um die Kurden in der Türkei zu tun hat, bin ich mir sicher“. Immerhin habe sein Verein als Anmelder einer „Demonstration gegen den Terror“ am 27. Februar in Wien fungiert – bei der Pläne „unser Land wie Jugoslawien und Irak zu spalten“ angeprangert worden sind.
Bei einem zweiten Vorfall vom Sonntagabend, der sich nur wenige hundert Meter entfernt ereignet hat, ist die Polizei gleichfalls nicht sehr redselig. Ob hinter der Massenschlägerei vor dem Lokal „Golden Apple“ mit mindestens 30 Beteiligten und vier Verletzten politische oder persönliche Motive stecken, will Michael Mimra vom Kriminalkommissariat Süd noch nicht abschätzen. Fest steht, dass Türken und türkischstämmige Österreicher in die Auseinandersetzung in und vor dem türkischen Lokal verwickelt waren. Ob es aber um Kurden gegen Türken gehe oder um eine Fehde zweier Clans lasse sich noch nicht abschätzen – selbst die beiden schwerverletzten Opfer schweigen eisern.
Konflikte in St. Pölten