Ausländische Partygäste in Bratislava. Den Slowaken gehen sie auf die Nerven, den Bars und Lokalen bringen sie viel Geld.

Foto: Szigetvari

Als sich die Tür in der Ankunftshalle am Flughafen Wien öffnet, ist Katarina erleichtert. Die Partygäste aus England, gekommen, um am Wochenende in Bratislava einen Junggesellenabschied zu feiern, machen einen friedfertigen Eindruck. "Sie sind im richtigen Alter", sagt die rothaarige Katarina. Alle um die dreißig. Mit denen wird sie keine Schwierigkeiten haben. Probleme mit zu viel Alkohol und Streitereien, das gibt's mit den unter 25-Jährigen und denen über 40.

Katarina muss es wissen. Sie arbeitet als Tourguide für die britische Pissup Tours und wird die Briten dieses Wochenende durch Bratislava begleiten. "Prostituierte auf der Straße zu kaufen ist verboten", stellt Katarina noch klar. Viel mehr Informationen braucht es gar nicht.

Fast alles im Angebot

Wer bei Pissup Tours bucht, bekommt zügellose Polternächte in osteuropäischen Städten. Angeboten wird beinahe alles: Frauen beim Schlammcatchen zusehen, Stripclubs, Paintball. Der letzte Schrei in Bratislava ist derzeit das Maschinengewehrschießen.

35.000 Kunden buchen jedes Jahr bei Pissup. Die meisten sind Briten, inzwischen kommen aber auch Dänen, Schweden – und Österreicher. Das absolute Epizentrum der Polterabende ist Prag. Doch feiern in Bratislava ist im Kommen. Seit einem Jahr wird die Bratislava-Tour von Pissup angeboten. 5000 Gäste kamen bisher. Das ist immer noch weniger als nach Budapest und Warschau. Aber nirgends fallen die sturzbetrunkenen Briten so sehr auf wie in der kleinen slowakischen Hauptstadt.

Dieses Wochenende ist der 32-jährige Postmann Pu nach Bratislava gekommen. Der schüchterne Londoner wird am 1. Dezember heiraten. Er und seine Freunde haben das klassische Programm gebucht: Pub, dann ein Dinner bei "Steak and Tits", Stripteasebar, Karaoke. "Wir sind wegen des Reizes des Verbotenen gekommen", sagt einer aus Pus Gruppe nach dem Besuch des schummrigen "Moulin Rouge Bratislava", in dem sich gegen Mitternacht vor allem Engländer tummeln.

Ordnung muss sein

Aber alles in allem läuft der Abend in geordneten Bahnen ab. Dafür sorgen auch die Betreuer von Pissup Tours. "Mit den Aktivitäten, die wir anbieten, sorgen wir dafür, dass die Gäste nicht ausschließlich trinken. Wir bieten auch Programm", sagt Katarina, die Leiterin des Pissup-Büros in Bratislava.

Zu wilde Partys bringen schließlich schlechte Publicity. Den letzten_Wirbel gab es in Bratislava kurz vor dem Sommer, als ein junger Engländer mitten am Hauptplatz masturbierte. "Solche Zwischenfälle sind aber selten", versichert Katarina. Anstößig findet sie die Form der angebotenen Unterhaltung ganz und gar nicht. Vielen Slowaken würden die Engländer zwar auf den Nerv gehen. Für Bars und Lokale, also die Wirtschaft der Stadt, seien die Gäste ein Segen. Rund 1500 Euro – die Schwankungsbreite bestimmt die Trinkfestigkeit – gibt ein Pissup-Kunde durchschnittlich aus.

Gebucht wird ausschließlich übers Internet. Es ist vor allem der Mittelstand, der diese Form des Vergnügens sucht. Auch unter Pus Freunden finden sich Pharma-Vertreter, Techniker und Bankangestellte. Es sind aber nicht nur die günstigen Preise und die käufliche Erotik, die die Engländer nach Bratislava führen. "Es geht auch um ein Stück Freiheit", sagt einer von ihnen. Von den Ehefrauen und Freundinnen, ergänzt ein anderer. Vom Rauchverbot in englischen Lokalen, meint wieder ein anderer. Mit der Reise sollen aber auch "alte Freundschaften" aufrechterhalten werden, für die ansonsten neben Job und Familie wenig Zeit bleibt.

Aber trotz all der großen Sprüche und männlichen Rituale überrascht letztlich eher die Schüchternheit der Briten. Einmal ist es sogar die Tänzerin, die sie hartnäckig dazu animiert, doch ein bisschen näherzurücken. Dass sie Erotik kaufen, scheint keinen zu stören, schließlich nutze man nur ein Angebot, das es ohnehin gibt. "Darüber darf man gar nicht erst nachdenken. Wer damit anfängt, hat keinen Spaß mehr", sagt Pat. "Und Spaß haben ist schließlich alles, um was es hier geht." (András Szigetvari aus Bratislava/DER STANDARD – Printausgabe, 6.11.2007)