Gilles Leroy gewinnt mit "Alabama Song" den Prix Goncourt
Redaktion
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Paris – Glamour, Sex, Schönheit und Depression: Die Mischung sorgt für den Verkauf. Nicht nur von Illustrierten, auch Romane profitieren, was ihre Absatzzahlen anbelangt, von der werbewirksamen Themenmixtur.
In Frankreich wurde solches Geschick nun schon zum zweiten Mal mit höchsten Auszeichnungsweihen gesegnet: Zelda Fitzgerald, die skandalumbrauste Frau des großen US-Autors Scott Fitzgerald, steht, wie im vergangenen Jahr Marilyn Monroe (auch sie übrigens kurzzeitig mit der US-Literatur in Person von Arthur Miller verheiratet) im Zentrum eines Romans, der mit einem wichtigen französischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde: Zelda heuer mit dem Prix Goncourt, Marilyn im vergangenen Jahr mit dem Prix Interallié. Eine weitere Gemeinsamkeit der Werke: Nicht nur ihre Heroinnen stammen aus Amerika, auch ihre Titel klingen wenig französisch: Alabama Song heißt der nun Prix-Goncourt-gekrönte Roman über Zelda Fitzgerald von Gilles Leroy, Countdown der von Michel Schneider über Marilyn Monroe.
Und das just in jenem Land, in dem die Auseinandersetzung um die schleichende Anglifizierung der Sprache bislang am vehementesten geführt wurde. Dass ausgerechnet der Literaturbetrieb es ist, der unter dem Diktat des Markts solche Bedenken ignoriert, spricht eine klare Sprache – und die heißt, auf gut Amerikanisch, "Cash". Längst sind es nicht die sechsstelligen Auflagenzahlen im Inland, die die Verlage an Preisen wie dem Prix Goncourt oder dem Deutschen Buchpreis interessieren, sondern die Chance einer Platzierung des Titels auf dem US-Markt. Für Gilles Leroy und Michel Schneider, lässt sich prognostizieren, stehen die Chancen nicht schlecht. Zeldas Lebensbeichte, als sie, bereits in einer Nervenheilanstalt, ihrem Ende entgegensieht, ist ebenso US-marktschnittig wie die Beziehung zwischen Marilyn und ihrem Psychoanalytiker. Immerhin: Erst im vierzehnten Wahlgang konnten sich die Juroren des Prix Goncourt auf Gilles Leroy einigen. Vier der zehn Jurymitglieder streikten, und einer der Herren plante gar einen Putsch. (Cornelia Niedermeier, DER STANDARD/Printausgabe, 07.11.2007)
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