Die Richtervereinigung steht den Plänen der Regierung für den Asylgerichtshof sehr kritisch gegenüber. Den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) aus dem Rechtsmittelzug auszuschließen, bedeute eine "massiven Rückschritt für die österreichische Rechtskultur", kritisierte Präsidentin Barbara Helige am Dienstag im APA-Gespräch. Außerdem bezweifelt sie, dass der Gerichtshof im Sommer 2008 die Arbeit aufnehmen kann, "wenn man es seriös machen will".

Alles andere als positiv beurteilt Helige den derzeitigen Status der Rechtsstaatlichkeit in Österreich: "Da hat man ein legistisch misslungenes Gesetz mit schweren Mängeln - wie ja auch VfGH-Präsident Korinek festgestellt hat - und dann wird noch der VwGH ausgeschaltet und damit der Rechtsmittelzug massiv beschränkt."

Mit jedem Falschpark-Mandat könnte man sich an den VwGH wenden, "aber nicht mehr beim grundrechtsintensiven Thema Asyl". Das sei "eindeutig ein Rückschritt". Offenbar sollen Asylverfahren "um jeden rechtsstaatlichen Preis kurz gehalten" werden: "Der erweckte Eindruck, dass jetzt alle Akten vom Tisch gefegt werden, lässt mich das Schlimmste für die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren zu befürchten."

Auf längere Sicht sei zu befürchten, dass der Schnelligkeit auch die Sachverhaltsermittlung geopfert werden soll. "Das sind schon sehr kurze Fristen, von denen Innenminister Günther Platter da spricht", kritisierte Helige die Sechs-Monats-Vorgabe.

"Rätselhaft, woher 100 Richter kommen sollen"

Große Zweifel hat Helige, dass bis zum nächsten Sommer genügend Richter gefunden werden können. "Mir ist rätselhaft, woher man in so kurzer Zeit 100 ausgebildete, geeignete Richter nehmen will" - zumal schon für die mit Anfang 2008 startende Vorverfahrensreform die Personalreserven erschöpft seien. Wobei freilich die Personalaufstockung prinzipiell zu begrüßen sei. "Aber ich gebe zu bedenken, dass das keine ausgebildeten Richter sein können."

Helige erneuerte auch die Forderung nach einem "dem Status der Unabhängigkeit Rechnung tragenden Dienst- und Besoldungsrecht und einer vernünftigen Gerichtsorganisation". All das fehle noch. "Es ist unrealistisch, im Sommer zu beginnen, wenn man das seriös machen will." Gerade im grundrechtsintensiven Asylbereich seien "ganz - auch dienstrechtliche unabhängige - Richter" notwendig. Keinesfalls dürfte der Asylgerichtshof mit Bundesmitarbeitern besetzt werden. Nach wie vor plädiert Helige dafür, das Justizministerium - und nicht das Kanzleramt - mit der Umsetzung zu betrauen.

Der Umstand, dass jetzt die Einrichtung des Asylgerichtshofes vorgezogen wird, lässt Helige auch um die Verwirklichung der - seit langem geforderten - Verwaltungsgerichte fürchten. "Es ist zu befürchten, dass die Freude, die restlichen Verwaltungsgerichte einzuführen, wieder erlischt." (APA)