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Ein aus spanischen und US-Soldaten bestehendes Provincial Reconstruction Team (PRT) auf dem Weg zu einem afghanischen Waisenhaus.

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Dass die ISAF-Truppen in Afghanistans weiß lackierte Fahrzeuge verwenden, stößt bei Hilfsorganisationen auf wenig Begeisterung.

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Die UNO-Schutztruppe ISAF setzt bei ihrem Einsatz in Afghanistan auf den Wiederaufbau-Bonus. Teams aus Militärs und zivilen Angestellten sollen humanitäre Hilfe leisten und so der Bevölkerung vermitteln, dass sich die Lage im Land dank der Anwesenheit der Ausländer verbessert. Immerhin vier Millionen Euro hat die deutsche Bundeswehr in den letzten vier Jahren in Aufbaumaßnahmen investiert, gibt Brigadegeneral Erhard Bühler an. Für den zivilen Wiederaufbau hat Berlin 100 Millionen Euro im Jahr vorgesehen. Zum Vergleich: der gesamte Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr kostete seit 2002 1,9 Milliarden Euro.

Deutschland stellt zwei Provinzwiederaufbauteams (PRT), die unter dem Kommando je eines Soldaten und eines Diplomaten stehen. Bei solchen humanitären Einsätzen werden Kontakte zur Bevölkerung geknüpft, die auch Informationen über mögliche Anschlagsziele oder bevorstehende Taliban-Offensiven liefern sollen. Außerdem tragen diese Maßnahmen zur Imagepflege bei: wer Brunnen gräbt oder nach Kampfhandlungen die zerstörte Infrastruktur wieder aufbaut, wird weniger als Feind angesehen, kalkulieren die Bundeswehr-Strategen.

Auf Seiten der NGOs allerdings wird die Zusammenarbeit mit den Militärs immer kritischer betrachtet: "Helfer und ausländische Soldaten, die für zahlreiche zivile Opfer verantwortlich gemacht werden, verschmelzen in der Wahrnehmung der Bevölkerung", merkt Medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer an, "die Folge sind tödliche Angriffe auf Helfer". Auch Thorsten Hinz von Caritas International merkt an, durch die Beteiligung von Militärs an Hilfsprojekten übertrage sich die zunehmende Skepsis in der Bevölkerung den internationalen Truppen gegenüber auf die Helfer.

Gebauer, der im September in Afghanistan war, berichtet im Gespräch mit derStandard.at, dass die kaum vorhandenen Fortschritte beim Wiederaufbau des Landes die Bevölkerung "in die Hände der Taliban und sonstiger Aufständischer" treibe. Außer kleineren Erfolgen wie zum Beispiel im Bildungsbereich hätten die bisherigen Aufbaubemühungen für die Bevölkerung zu keinen sichtbaren Fortschritten geführt.

Weiß ist die Farbe der NGOs

Als die Bundeswehr im Vorjahr 16 gepanzerte Fahrzeuge für den Afghanistan-Einsatz aus Zeitmangel mit der weißen Originallackierung in Dienst stellte, führte dies zu Protesten der NGOs, deren Transportmittel in dieser Farbe gehalten sind: Die Farbe sollte Hilfs- und Rettungsorganisationen vorbehalten sein, argumentieren sie. Wenn aus einem weißen Auto Soldaten steigen, gefährde das ihre Arbeit. Die Militärs versahen ihre Geländewagen umgehend mit Isaf-Zeichen, General Bühler versprach, dass sie bei der ersten Gelegenheit umlackiert würden.

Bereits zuvor richteten sich acht schwere Rebellenangriffe und sieben Zwischenfälle mit kriminellem Hintergrund gegen Hilfsorganisationen, so der Halbjahresbericht des "Afghanistan NGO Safety Office". Das Dokument zeigt, dass sich die Taliban in letzter Zeit immer öfter gewaltsam Zugang zu NGO-Liegenschaften verschaffen und dort nach Hinweisen auf Zusammenarbeit mit den ausländischen Militärs suchen. Wenn die Helfer belegen können, mit den Soldaten nichts zu tun zu haben, geschieht ihnen im Regelfall nichts, so der ANSO-Report.

Wiederaufbau als "Force Protection"

Während die Bundeswehr auf ihrer Webseite die Erfolge der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit als Beitrag zur Force Protection (Schutz der eigenen Truppe, Anm.) preist, gehen die Helfer immer mehr auf Distanz: Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Hans-Joachim Preuß, bezeichnet das Konzept der PRT als gescheitert. Auch Jürgen Lieser vom deutschen "Verband Entwicklungspolitik" hält die Verknüpfung von Militär und ziviler Aufbauhilfe für verfehlt.

Mit dem neu gegründeten "Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen" (Venro) wollen die NGOs ein Umlenken in der deutschen Afghanistanpolitik erreichen. Sie fordern, dass die Bundeswehr ihre Beteiligung an der US-geführten Anti-Terror-Mission "Operation Enduring Freedom" so schnell wie möglich einstellt und sich nur noch auf ihre Kernaufgaben, die militärische Friedenssicherung und die Entwaffnung von Milizen und "Warlords" konzentriert. Den Wiederaufbau des Landes solle sie den zivilen Akteuren überlassen, fordern die Hilfsorganisationen. (Berthold Eder, derStandard.at, 7.11.2007)