Ankara/Wien - Wegen ihrer Vermittlerrolle bei der Freilassung von acht türkischen Soldaten aus den Händen der PKK-Rebellen hat der türkische Vizepremier Cemil Cicek der legalen Kurdenpartei DTP vorgeworfen, Verbindungen mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu haben. In einem Fernsehinterview mit dem Sender CNN Türk sagte Cicek am Montag, die Geiselfreilassung sei der beste Beweis dafür, dass "einige Parteien enge Verbindungen mit den terroristischen Organisationen unterhalten".

Die PKK hatte am Sonntag acht türkische Soldaten im Nordirak freigelassen, die sie Ende Oktober bei Gefechten in der Türkei gefangen genommen hatte. Die DTP-Abgeordneten Osman Özcelik, Aysel Tugluk und Fatma Kurtulan waren am Samstag von der Türkei in den Nordirak gereist, um sich für die Freilassung der Soldaten einzusetzen. Cicek sagte laut regierungsnaher Zeitung "Today's Zaman", die türkische Regierung habe bereits vor der Ankunft der drei DTP-Abgeordneten im Nordirak von der bevorstehenden Freilassung gewusst.

Ermittlungen eingeleitet

Am Montag leitete die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara Ermittlungen gegen die drei Politiker der "Partei für eine demokratische Gesellschaft" (DTP) ein. Was ihnen genau vorgeworfen wird, war vorerst nicht bekannt. Cicek betonte, ein während der Freilassung der Soldaten gedrehtes Video zeige ganz offen, "wer Hand in Hand mit der Terrororganisation" zusammenstehe. Der Vizepremier warf der DTP vor, wahrheitswidrig zu behaupten, nichts über die Verstecke der PKK-Rebellen im Nordirak zu wissen.

Der stellvertretende Fraktionschef der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Oktay Vural, beschuldigte die DTP, die Geiselkrise für politische Zwecke ausgenützt zu haben. Sie sei als "Trumpfkarte" gegen die Türkei eingesetzt worden. MHP-Vizevorsitzender Tunca Toskay, meinte, die Rolle der DTP bei der Geiselbefreiung zeige, dass die Partei mit einem Fuß im Parlament und mit dem anderen in einer Terrororganisation stehe.

Der türkische Militärstaatsanwalt verhörte am Montag die acht betroffenen Soldaten. Es besteht der Verdacht, dass sie möglicherweise nicht entführt, sondern freiwillig mit den PKK-Kämpfern nach einem bewaffneten Zusammenstoß am 21. Oktober mitgegangen sind. Sollte sich dieser Verdacht als unbegründet erweisen, werde es keine Anklage geben, sagte ein Sprecher der Militärjustiz.

Erkundungsflüge

Unterdessen hat das amerikanische Militär im Nordirak Erkundungsflüge über Lagern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Kurdistans verstärkt. Seit drei Tagen würden die Lager Metina, Zap, Cemco und Hakurke pausenlos überflogen, teilte die PKK am Dienstag auf einer Internetseite mit. Die türkische Regierung droht mit einem Militärschlag gegen PKK-Lager im Nordirak, weil von dort mehrfach Angriffe gegen die Türkei geführt wurden. Die US-Regierung hat Ankara größeren Zugang zu US-Geheimdienstinformationen zugesagt und verstärkte Zusammenarbeit angekündigt.

Gestärkt von seinem Besuch bei US-Präsident George W. Bush behält sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan weiterhin einen Militäreinsatz gegen PKK-Rebellen im Nordirak vor. Bushs Sprecherin Dana Perino sagte nach Erdogans Besuch im Weißen Haus, im Gespräch seien "begrenzte und gezielte Aktionen" gegen die PKK, die von den Türken ausgeführt und mit US-Geheimdienstinformationen unterstützt werden sollten.

Karayilan ruft zu Verhandlungen auf

PKK-Führer Murat Karayilan rief unterdessen die türkische Führung erneut zu Verhandlungen auf. Die PKK aus dem Nordirak zu vertreiben, löse das Problem nicht, sagte er der pro-kurdischen Nachrichtenagentur Firat News. "Unsere Kräfte sind überall - auch auf türkischem Boden". Durch den Kampf der PKK für einen unabhängigen Kurdenstaat sind seit 1984 mehr als 37.000 Menschen getötet worden. Ankara weigert sich bisher kategorisch, mit den Rebellen zu verhandeln. (APA)