Cartoon: Oliver Schopf
Der Entwurf des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008 (BRÄG 2008) novelliert das Berufsrechts von Notaren, Rechtsanwälten, Sachverständigen und Dolmetschern umfassend. Eine Berufsgruppe fühlt sich dabei allerdings übergangen: die Rechtsanwaltsanwärter.

Dabei, so der "Club der Konzipienten" in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf, seien die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen Rechtsanwaltsanwärter arbeiten müssten, alles andere als zeitgemäß. Vor allem die Beschwerden über die hohe Zahl an Überstunden, die diese Berufsgruppe – oft ohne entsprechende Entlohnung – leisten müssten, hätten in den vergangenen Monaten zugenommen. "Es gibt auch weder einen Kollektivvertrag noch eine sonstige verbindliche Regelung, die für Konzipienten einen Mindestlohn gewährleisten würde", so die Leiterin des Clubs für Konzipienten, Maria Leinschitz-Vilain, "und die Bezahlung ist zum Teil sehr niedrig."

Große Unterschiede

In einigen Bundesländern haben die Rechtsanwaltskammern zwar Richtlinien für die Entlohnung und auch die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses erstellt. Inhaltlich variieren die – rechtlich völlig unverbindlichen – Leitsätze jedoch enorm.

Während die Steiermärkische Anwaltskammer 1800 Euro als Grundgehalt für Anwaltsaspiranten empfiehlt, hält die Standesvertretung der Wiener Rechtsanwälte 1300 Euro für Akademiker, die zumindest die Gerichtspraxis als Berufserfahrung mitbringen müssen, für ausreichend. Die "Vertretung" der Konzipienten hat sich indessen an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) gewandt und wirbt um dessen Unterstützung. Gerhard Benn-Ibler, Präsident des ÖRAK, dazu: "Wir sind immer gesprächsbereit, aber wir sind weder eine Arbeitnehmer- noch eine Arbeitgebervertretung. Ich kann keinem Kollegen vorschreiben, was er seinen Juristen zahlt. Die Haltung von vielen Rechtsanwaltsanwärtern erscheint mit diesbezüglich sehr ambivalent. Denn wenn jemand die Arbeitsbedingungen schlecht findet, liegt es an ihm, diese Missstände zu relevieren. Das passiert aber so gut wie nie."

Kein Nine-to-five-Job

Das verwundert nicht. Unzufriedene wechseln lieber die Kanzlei oder sogar in die "gewöhnliche" Privatwirtschaft, bevor sie gegen ihren Brötchengeber vor Gericht ziehen. Andererseits akzeptieren die allermeisten der zukünftigen Anwälte, dass sie weder während ihrer Lehrjahre noch als fertige Advokaten ein Nine-to-five-Job erwartet.

"Natürlich sind meine Arbeitstage nicht kurz, aber dafür ist die Tätigkeit sehr spannend, und man ist am Puls des Geschehens. Das ist für mich wichtiger", resümiert etwa Wolfram Schachinger, Rechtsanwaltsanwärter bei der Wirtschaftssozietät Fellner Wratzfeld & Partner. Die relativ kurze Ausbildungszeit mag ein weiterer Grund für die Zurückhaltung bei Auseinandersetzungen sein: "Konzipienten müssen im Schnitt drei Jahre beim Anwalt verbringen. Sobald sie selbst eingetragen sind, wechseln sie die Fronten und denken dann selbst wie ein Anwalt", weiß Benn-Ibler. Im Übrigen verdienten Rechtsanwaltsanwärter dort, wo die meisten Arbeitsstunden anfallen, in Wirtschaftskanzleien, fürstlich. "Da macht es wohl keinen Sinn, über gesonderte Überstunden zu sprechen."

Für weit brisanter hält Benn-Ibler die Tatsache, dass Konzipienten während ihrer Ausbildungszeit laut ASVG nicht pensionsversichert sind. Ein Missstand, auf den der Club der Konzipienten schon lange aufmerksam macht, denn ohne Pensionsversicherung gibt es in der Folge auch keinen Schutz bei Berufsunfähigkeit.

"Wenn ein Jurist seine Berufslaufbahn außerhalb der Anwaltschaft fortsetzt, fehlen ihm Pensionsjahre für diese Zeit. Andererseits verliert ein Anwärter, der vor seiner Anwärterzeit in einem vollversicherten Arbeitsverhältnis gestanden ist, mit seiner Eintragung als Anwalt seine Pensionsanwartschaft. Die bisher bezahlten Beiträge hat er also gänzlich umsonst gezahlt", schüttelt die Obfrau des Konzipientenverbandes den Kopf.

Pensionszahlungen

"Da muss wirklich etwas getan werden, das Problem harrt einer Lösung", ist auch der ÖRAK-Präsident überzeugt; "eine Variante ist, dass wir die Rechtsanwaltsanwärter von Anfang an in die Kammerpension der Rechtsanwälte einbeziehen. Dazu müsste allerdings die Rechtsanwaltsordnung geändert werden."

Leinschitz-Vilain freut sich jedenfalls, dass Bewegung in die Debatte kommt, Gespräche mit dem ÖRAK stehen unmittelbar vor der Tür: "Wir haben auch noch andere Themen wie etwa das Disziplinarrecht auf der Tagesordnung. Jedenfalls gehen wir sehr offen und konstruktiv in den Dialog." (Judith Hecht, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.11.2007)