Bild nicht mehr verfügbar.

Die Queen verlas am Dienstag die Thronrede mit dem Regierungsprogramm Browns.

Foto: REUTERS/Steve Parsons/WPA/Pool

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Thronrede wurde mit besonderer Spannung erwartet.

Foto: REUTERS/Cathal McNaughton/WPA/Pool (BRITAIN)
Wenn „Black Rod“, der schwarz gekleidete Bote der britischen Königin, mit seinem Stock dreimal an die Tür des Unterhauses schlägt, ist es wieder so weit: Die Queen, verkündete der Bote, wünsche die Anwesenheit der Abgeordneten im Oberhaus. Dort verlas ihnen Elizabeth II. am Dienstag die Thronrede, in der die legislativen Vorhaben für die nächste Session aufgelistet werden. Heuer wurde sie mit besonderer Spannung erwartet, denn Premierminister Gordon Brown stellte sein erstes Regierungsprogramm vor.

Nach dem Labour-Hoch im Gefolge von Browns Amtsantritt Ende Juni führen wieder die Konservativen in den Umfragen, und Browns Flitterwochen mit den Wählern sind vorbei. Jetzt geht es für ihn darum, die Initiative zurückzugewinnen. Mit der Thronrede, so verlangten linke Parteigenossen, müsse er eine pointiert sozialdemokratische Vision liefern. Doch Visionen liegen Brown nicht (schon weil das den Stil seines Vorgängers Tony Blair auszeichnete) – er setzt lieber auf solide Arbeit. Kompetenz statt Charisma, könnte das Motto lauten.

Drei Millionen Häuser

Sein Programm will die „wachsenden Aspirationen der Bürger“ erfüllen: Kärrnerarbeit also in den Politikfeldern von Bildung, Gesundheit, Transport und Hausbau. Der Immobilienboom der letzten Jahre hat dazu geführt, dass junge Leute heutzutage sich kein Heim mehr kaufen können. Drei Millionen neue Häuser will die Regierung daher bis 2015 bauen lassen. Im staatlichen Gesundheitsdienst sollen die Reformen fortgesetzt werden, um die Versorgung „auf der Basis der Bedürfnisse der Patienten“ zu organisieren. Und der immer schlimmer werdenden Verstopfung auf den Straßen soll eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs abhelfen.

Klimaschutz-Gesetz

Deutliche Akzente will Brown mit zwei Initiativen im Umweltschutz und im Bildungswesen setzen. Großbritannien, verkündete die Queen, wird das erste Land der Welt sein, das sich ein rechtlich bindendes Rahmenwerk zur Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes setzt: minus 60 Prozent bis 2050.

Was als „größte bildungspolitische Reform der letzten 50 Jahre“ gepriesen wird, umfasst eine ganze Reihe von Maßnahmen: Verlängerung der Schulpflicht bis 18, Förderung der Lehrlingsausbildung, gesetzlicher Anspruch erwachsener Arbeitnehmer auf zusätzliches Training.

Zu den umstrittenen Vorhaben zählt ein Anti-Terror-Gesetz, das die Zeitspanne, in der Verdächtige ohne Anklage festgehalten werden können, auf 56 Tage verdoppeln will. Die heftigsten Diskussionen dürften jedoch über das Gesetz zur Ratifizierung des EU-Reformvertrages entbrennen: Die Konservativen verlangen lautstark ein Referendum über die EU-Verfassung und werden dabei von zahlreichen Labour-Hinterbänklern unterstützt, von der euroskeptischen Presse ganz zu schweigen. (Jochen Wittmann aus London, DER STANDARD, Printausgabe 7.11.2007)