Bild nicht mehr verfügbar.

Die ÖBB werden mit einem Priorisierungsplan zumindest jene Güter zuliefern, die für die Unternehmen zeitkritisch sind.

Foto: AP/Lux
Frankfurt - Im Güterverkehr der Deutschen Bahn hat am Donnerstag zu Mittag ein für die Dauer von 42 Stunden geplanter Streik begonnen. Die Lokführergewerkschaft GDL teilte mit, die Deutsche Bahn habe kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Der Ausstand hat nach Darstellung des Unternehmens bereits zu Kurzarbeit bei Kunden geführt. Großbetriebe und Häfen wappneten sich mit Notfallplänen und zeigten sich zuversichtlich, die Folgen eines kurzen Ausstands abfedern zu können. Sie befürchten aber erhebliche Auswirkungen, wenn der Streik länger andauern sollte.

Deutsche-Bahn-Personalvorstand Margret Suckale sprach von einer "ernsthaften Bedrohung" für die Wirtschaft. "Viele unserer Kunden haben schon Kurzarbeit anmelden müssen", sagte sie im ZDF-Morgenmagazin. "Hier wird jetzt der Wirtschaftsstandort Deutschland lahmgelegt." Die Bahn habe einen Notfallplan, damit wirtschaftlich wichtige Verkehre weiterliefen. Für Kraftwerke gebe es eine Minimalversorgung. Der Ausstand dauert bis Samstag früh, 06.00 Uhr.

Deutsche Bahn will Stillstand verhindern

Manfred Schell, oberster Lokführergewerkschafter, sagt "Wir haben keinen Schwerpunkt, wir streiken im Güterverkehr bundesweit". Die Deutsche Bahn will einen Stillstand im Schienengüterverkehr verhindern. Zu Verspätungen und Zugausfällen könne es aber kommen, sagte eine Sprecherin. Um die Folgen zu mildern, seien Dienstpläne bei der Güterbahn Railion (früher DB Cargo) so gestaltet worden, dass von den insgesamt 5.400 Lokführern möglichst viele nicht streikberechtigte Beamte eingesetzt werden. Mit Kunden werde laufend abgestimmt, welche Züge besonders wichtig sind und vorrangig gefahren werden müssen. Einen Ersatzfahrplan, wie er bei vorangegangenen GDL-Streiks im Personenverkehr aufgestellt worden war, gebe es nicht.

Bahnreisende haben nach Angaben des Unternehmens bis zum frühen Nachmittag nichts zu spüren bekommen. "Bislang gab es noch keinerlei Auswirkungen", sagte eine Bahnsprecherin auf AP-Anfrage. Künftige Beeinträchtigungen seien zwar nicht auszuschließen, die Bahn erwarte aber im Personenverkehr keine.

Deutliche Auswirkungen auf die ÖBB

Wie berichtet wird der Streik deutliche Auswirkungen auch auf den Güterverkehr der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben. Anstatt der rund 500 Züge, die normalerweise täglich im Grenzverkehr fahren, werden es während des Streiks nur an die 80 sein, schätzen die ÖBB. Dies sei allerdings das "Worst-Case-Szenario" sagt ein Sprecher. Wie hoch die Schäden sind, die durch den Streik entstehen, konnte bisher noch nicht beziffert werden. Betroffene ÖBB-Kunden würden unmittelbar informiert werden, wenn ihre Güter vom Streik betroffen sind. Außerdem wurde ein "rotes Telefon" zwischen der Deutschen Bahn und den ÖBB installiert. Bis heute, Donnerstagnachmittag, war zunächst noch kein Zug im Grenzverkehr betroffen.

Notfallplan bei deutschen Unternehmen

Porsche ist nach eigenen Angaben am Donnerstag noch nicht betroffen. Die im Stammwerk Stuttgart-Zuffenhausen produzierten Fahrzeuge seien auf die Bahn verladen worden und unterwegs nach Emden. Das Werk in Leipzig sei am Morgen per Bahn mit Teilen von Zulieferern beliefert worden. Dort könnte der Bahnstreik aber massive Auswirkungen auf die Produktion haben. Wenn der tägliche Zug nicht komme, werde in Leipzig die Produktion nach ein bis zwei Tagen stillstehen.

Auch Daimler legte einen Notfallplan auf. Ein Sprecher verwies darauf, dass in der Produktion die meisten Teile per Lastwagen angeliefert würden. Die Bahn spiele eher beim Abtransport der Fahrzeuge eine Rolle.

Task Force im Hafen

Die Hamburger Hafenbehörde bildete eine sogenannte Task Force. "Wir gehen davon aus, dass wir einen Tag gut puffern können", sagte die Sprecherin der Port Authority, Christiane Kurht. Sollte der Streik länger dauern, müsse man sehen. Ein Teil der Fracht würde sicherlich auf Lastwagen ausweichen, allerdings gehe dies nicht mit allen Gütern wie Erz und Kohle. "Ein Zug müsste durch rund 50 Lkw ersetzt werden." Insgesamt werden im Hamburger Hafen rund 200 Züge täglich abgefertigt.

Der Zentralverband der Deutschen Seehäfen befürchtet gravierende Auswirkungen. "Wir haben nicht die Areale, um Güter in den Häfen zwischenzulagern", sagte Hauptgeschäftsführer Klaus Heitmann. Fast jede dritte in deutschen Seehäfen umgeschlagene Tonne werde auf der Schiene weitertransportiert. "Da wird es sicher zu brenzligen Situationen kommen." Nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder kündigten einige größere Reedereien bereits an, Schiffe umlenken zu wollen.

Bei der Wacker Chemie AG sah man die Lage noch gelassen. "Wenn der Streik nur wenige Tage dauert, werden wir ganz gut damit fertig. Wenn er bundesweit über Wochen geht, sieht die Sache schon anders aus", sagte ein Konzernsprecher in München. Es gebe einen Notfallplan, Wacker habe einen Teil seiner Transporte kurzfristig auf die Straße verlegt.

Hohe Streikbereitschaft

"Die Streikbereitschaft ist sehr hoch", sagte GDL-Sprecher Maik Brandenburger. Er unterstrich, die Lokführer würden ihre Züge nicht einfach auf dem Gleis stehen lassen, sondern sie in den nächsten Bahnhof fahren. Die Bahn erklärte, sie erwarte keine größeren Auswirkungen auf den Personenverkehr.

Bei Railion arbeiten 5.400 Lokführer, von denen nach Unternehmensangaben etwa die Hälfte nicht streikberechtigte Beamte sind. Laut GDL beträgt ihr Organisationsgrad bei dem Bahn-Tochterunternehmen etwa 80 Prozent, damit wären knapp 2.200 Lokführer zum Streik aufgerufen. (APA)