Kleiner Vorgeschmack auf den Bauboom im Olympia-Ort Sotschi: von Gasprom errichtetes Gästehaus

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Moskau/Wien – Hatte Prometheus weiland seine liebe Not mit den Göttern, würde er heute wohl die Welt nicht mehr verstehen. Im Kaukasus, wo er laut griechischer Mythologie seine grausame Strafe abbüßte, weil er den Menschen das Feuer gebracht hatte, soll schon bald die olympische Flamme lodern.

Die Schwarzmeerstadt Sotschi und ihr Hinterland haben den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2014 erhalten. Mit seinen Investitionsvorhaben will Russland einen olympischen Langzeitrekord aufstellen. 12,5 Milliarden Dollar (8,7 Mrd. Euro) sind im föderalen Spezialprogramm vorgesehen, 62 Prozent davon kommen vom Staat, der Rest von einigen Oligarchen. Damit liegt man mindestens vier Mal über den Investitionssummen bisheriger olympischer Spiele. Experten schätzen, dass man letztlich noch um einiges mehr investieren wird.

Fehlende Infrastruktur

Der Grund dafür liegt nicht nur im russischen Hang zur Megalomanie, sondern auch im bisherigen Zustand der Infrastruktur. Nicht nur die Sportanlagen im Olympiazentrum "Krasnaja Poljana" und das Olympische Dorf mit seinen Stadien in Sotschi fehlen, auch ein adäquater Flug- und Frachthafen, Straßen und eine moderne touristische Infrastruktur.

Für Österreichs Außenwirtschaft ist Sotschi, das schon als dritte russische Hauptstadt bezeichnet wird, zum Brennpunkt großer Hoffnungen. Präsident Wladimir Putin hatte ja seinen österreichischen Amtskollegen Heinz Fischer gleich nach der Vergabe der Spiele angerufen und zusätzliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. Inzwischen hat die österreichische Wirtschaftskammer bereits ein eigenes Marketingbüro in Sotschi installiert. Für Frühjahr 2008 ist eine Wirtschaftsmission für interessierte Firmen geplant, einige Bundesländer bereiten zusätzlich eigene Missionen vor.

Strabag baut Doppelstock-Autobahn

Das größte Stück vom Kuchen erwartet sich die Strabag, nachdem im heurigen Frühjahr der russische Oligarch Oleg Deripaska in den Baukonzern eingestiegen ist. Der zweitreichste Russe gilt als größter privater Investor in Sotschi und baut das Olympische Dorf und den Flughafen. Der Strabag winken aber auch Aufträge für den Bau einer Doppelstock-Autobahn vom Flughafen in die Stadt und einer Standseilbahn ins 45 km entfernte Krasnaja Poljana.

Sotschi ist nur der künftig prominenteste Ort und somit ein Symbol im erfolgreichen Russlandengagement der österreichischen Wirtschaft. Wer den Rahm abschöpfen wollte, ist früh gekommen und hat vom Wirtschaftsaufschwung seit 2000 immens profitiert. Zwischen sechs und sieben Prozent jährlich steigt das BIP, der Boom dürfte noch einige Jahre anhalten, Prognosen zufolge dürfte Russland in drei bis vier Jahren zu Europas größtem Verbrauchermarkt werden, der Staat will in den nächsten zehn Jahren eine Billion Dollar in Infrastruktur und Industrie investieren.

Export verfünffacht

Der österreichische Export nach Russland hat sich seit 1999 verfünffacht und stieg im Vorjahr um 32 Prozent auf 2,25 Mrd. Euro. Damit schwimmt Österreich auf der Welle des extremen russischen Importzuwachses oben mit, Russland liegt bereits an elfter Stelle der österreichischen Exportdestinationen. Auch die österreichische Handelsbilanz bleibt damit nur noch leicht negativ.

Entsprechend den Exporten stiegen auch die österreichischen Direktinvestitionen in Russland. Der Markt sei "eine Herausforderung" schreibt die österreichische Wirtschaft in ihrem Russlandreport euphemistisch. Was Behördenwillkür und andere Schikanen angesichts der Rechtsunsicherheiten und der verbreiteten Korruption vermögen, bekam etwa der Spanplattenproduzent Egger zu spüren. Weit über ein Jahr wurde das Werk nahe Moskau am Produzieren gehindert, das Investitionsbudget wurde laut Firmenangaben "deutlich überschritten". (Eduard Steiner, DER STANDARD Printausgabe, 8.11.2007)