Schön langsam wird es richtig langweilig: Schon wieder ist ein Koalitionskonflikt mit einem "Kompromiss" beigelegt worden, über den sich "beide Seiten zufrieden zeigten". Und schon wieder musste die SP-Seite dafür wesentliche Abstriche von ihren eigenen Plänen hinnehmen, um die ÖVP ins Koalitionsboot zu holen. Diesmal war es Justizministerin Maria Berger, die mit ihrem liberalen Haftentlastungsprojekt im September aufhorchen hatte lassen - und die vom Koalitionspartner, in diesem Fall Innenminister Günther Platter, auf den kalten Boden der Regierungsrealität zurückgeholt wurde.

Weil der offenbar den starken rechten Mann markieren will (oder auf höheren Molterer-Schüssel-Wunsch muss), blitzte Berger in der Endfertigung des Pakets gleich in mehreren Punkten ab: So müssen Verurteilte nun doch drei Monate sitzen statt zwei, bevor eine bedingte vorzeitige Entlassung möglich ist; einen "Haftrabatt" für ausländische Straftäter aus Nicht-EU-Staaten gibt es nur nach einem komplizierten Bewertungsschlüssel, und Sozialarbeiter und Psychologen werden auch nicht eingebunden, sondern weiter ein reiner Richtersenat bemüht. All das hat Platter hineinreklamiert, und Berger stimmte zu - um den Kern ihres Projekts, die Umwandlung von Haftstrafen in Arbeitsdienst, nicht zu gefährden.

Dabei ist freilich, leider, leider, ein noch viel wichtigeres Detail zu kurz gekommen: Die Frage, wer sich eigentlich um die vorzeitig Entlassenen professionell kümmern soll. Weder gibt die Regierung genügend Geld noch Personal, um die Bewährungshelfer zu unterstützen. Doch ohne Begleitmaßnahmen wird die Vision von der "gefängnislosen Gesellschaft", die Broda-Schülerin Berger offenbar treibt, nicht funktionieren.

Das zumindest sollte die SPÖ beherzigen, ehe sie wieder einmal über einen Kompromiss mit der ÖVP "zufrieden" zeigt. (Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe, 8.11.2007)