Gudmundur Thoroddsen begegnet Popkultur mit Ironie: "Muscly man" trägt einen angetauten Speiseeisberg.

Foto: Thoroddsen

"Um die Entwicklung der Gegenwartskunst in Island zu verstehen, muss berücksichtigt werden, dass Island eine vom nordatlantischen Eismeer umgebene Insel ist", heißt es im Katalog zu "Hérna", zu Deutsch "jetzt, hier, also ...", einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst aus dem Inselstaat. Berücksichtigt hat man dies auch am Ausstellungsort, dem Hangar-7, selbst. Präsentiert sich doch dort die Malerei der sieben, leider ausschließlich männlichen, Künstler verborgen hinter sieben (?) monumentalen und garantiert abschmelzsicheren Eisbergen aus Pappe oder Sperrholz. - Einmal abgesehen von solch installativen Abscheulichkeiten und der Tatsache, dass der mit allerlei aeronautischem Tand angeräumte Flugzeughangar trotz größtem Bemühen nicht die geeignete Halle für die Präsentation von Kunst ist, lohnt sich der Blick auf das Ausgestellte sehr.

Mehrere kunstgeschichtliche Strömungen, die nebeneinander existieren, das hat es in Island nie gegeben: Stets waren es Künstler, die die Isolation der Insel kurz- oder längerfristig Richtung Festland verlassen hatten. - Den traditionellen Sinn für das Erzählerische führen nun Aron Reyr Sverrisson, Birgir Snæbjörn Birgisson, David Örn Halldórsson, Gudmundur Thoroddsen, Helgi Thorgils Fridjónsson, Ragnar Kjartansson und Thorri Hringsson fort. In vielen ihrer Bilder taucht die faszinierende Landschaft, die Sagen- und Mythenwelt des Eilands auf und spiegelt Themen der menschlichen Existenz.

Bei Sverrisson etwa, dessen Stille der Innenräume in spannungsreichem Bezug zur Weite der Landschaft stehen, in die er immer wieder Ausblicke bietet. Hringsson, im Zweitberuf Restaurantkritiker, malt nicht nur in ihrer übersteigerten Opulenz oberflächliche Speiselandschaften aus 60er-Jahre-Kochbüchern, sondern auch zum Ornamentalen verflachte Landschaften. Zum dekorativen Hundertwasser-Muster der Einzeller und Pacmans reduziert Halldórsson isländischen Alltag und isländische Landschaft, wohingegen Kjartansson die erregte See(lenlandschaft) in monumentalen Wellenbildern - Raging Pornographic Sea - bannt. Und Thoroddsen schmilzt Popkultur-Eisberge ... (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.11.2007)