Manchmal sind es die Nebensätze, die beiläufig hingestreuten verbalen Brocken, die mehr über die Absichten eines Politikers aussagen als lange Erklärungen, die einer vom Blatt abliest. So auch jetzt, am Kamin des Weißen Hauses.
George W. Bush sitzt in einem bequemen Sessel, während ihn Reporter nach dem Putsch in Pakistan fragen. Erst sagt er all das, was einer sagen muss, der die Fackel der Freiheit um den Globus zu tragen verspricht. Man erwarte rasche Wahlen, das Kriegsrecht untergrabe die Demokratie, Pervez Musharraf möge, bitte sehr, seine Uniform ausziehen. Dann folgt der aufschlussreichere Nebensatz. Bei alledem, relativiert Bush, sei der Präsident Pakistans eben auch "ein starker Kämpfer gegen Extremisten und Radikale".
Im Augenblick deutet nichts darauf hin, dass Washington am Pakt mit Musharraf zu rütteln gedenkt. Theoretisch könnte es seine opulenten Überweisungen kürzen. Fast elf Milliarden Dollar sind nach Islamabad geflossen, seit Bush den General im Zuge von 9/11 zum zentralen Verbündeten im Krieg gegen den Terror erklärte. Zu 60 Prozent ging das Geld an die pakistanische Armee, zehn Prozent wurden für Humanitäres verwendet. Rund ein Siebtel der Summe diente dazu, Waffengeschäfte zu finanzieren.
Condoleezza Rice, die Außenministerin, kündigte zwar an, die Finanzhilfe auf den Prüfstand zu stellen. Konkreter wurde sie jedoch nicht, was Insider schlussfolgern lässt, dass wohl alles beim Alten bleibt. Mit feinem Gespür fürs semantische Detail nimmt die Washington Post die Vokabel unter die Lupe, mit denen die Chefdiplomatin die neueste südasiatische Krise charakterisiert. Es sind Worte wie "bedauerlich" und "enttäuscht" - die unterste Stufe der verbalen Eskalationsleiter. Im September, als die Militärjunta Burmas aufbegehrende Mönche niederknüppeln ließ, hatte Rice noch Adjektive wie "inakzeptabel" und "tyrannisch" benutzt.
Kein Wunder, dass Kritiker der Mannschaft Bushs ankreiden, sie messe mit zweierlei Maß. Hier Burma, ein Land ohne geopolitische Bedeutung, dort Pakistan, eine Atommacht, die Bush in vorderster Anti-Terror-Front sieht, obwohl gerade dort radikalislamisches Gedankengut einen Nährboden findet. Zu einseitig, rügt die Opposition, stütze sich Mister President auf einen Autokraten vom Schlage Musharrafs, statt seine Pakistanpolitik auf eine breitere Basis zu stellen. "Better the devil you know ..." - erneut macht der sarkastische Spruch Lawrence Eagleburgers, eines Strategen der realpolitischen Schule, die Runde. Besser paktiere man mit dem Teufel, den man schon kenne, als mit jenem, den man nicht kenne, besagt die Maxime.
Gefährlich kurzsichtig sei das, wenden Analytiker ein und ziehen den Vergleich mit dem Iran des Jahres 1978, dem Jahr vor dem Machtantritt des Ajatollah Khomeini. 1978 war der Schah, im eigenen Land zutiefst verhasst, immer noch Amerikas bester Freund. Er galt als treuer Verbündeter im Kalten Krieg, so wie Musharraf heute als unverzichtbarer Alliierter im Clinch mit Al-Kaida hingestellt wird. Vor demokratischen Reformen schreckte er zurück, genau wie Musharraf, der das Kriegsrecht verhängt, statt Kompromisse mit der Opposition anzustreben. Gary Sick, Politikprofessor an der Columbia University, der Jimmy Carter seinerzeit in Sachen Iran beriet, zieht bewusst Parallelen. Als die Herrschaft des Schah zu bröckeln begann, "hatten wir keinen Plan B". Dasselbe treffe heute auf Pakistan zu.
Demokratische Kritik