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Werner Zinkl kam gleich bei seiner ersten Wahl auf 100 Prozent.

Foto: APA/FRANZ NEUMAYR
Salzburg - Minutenlange stehende Ovationen und ein ausladender Blumenstrauß für die scheidende Präsidentin der Österreichischen Richtervereinigung Barbara Helige. 100 Prozent Zustimmung für ihren Nachfolger, den Steirer Werner Zinkl. Der Wechsel an der Spitze der Richtervereinigung am Donnerstag im großen Schwurgerichtssaal am Salzburger Landesgericht verlief ohne größere inhaltliche Kontroversen. Helige, die 1998 als erste Frau an die Spitze der Standesvertretung gewählt worden war, konnte nicht mehr kandidieren. Die Satzungen erlauben nur drei Amtsperioden.

Der 45jährige Zinkl ist derzeit Vorsteher des Bezirksgerichtes Leibnitz. Er war seit sechs Jahren einer der drei Stellvertreter Heliges. Ihre Amtszeit war vor allem auch vom Kampf gegen Sparmaßnahmen geprägt. 2004 beispielsweise griffen die Richter zu "Notwehrmaßnahmen". Mit verhandlungsfreien Tagen wurde gegen die Personalknappheit an den Gerichten protestiert.

Im Standard-Gespräch kündigte ihr Nachfolger Zinkl nun an, den offensiven Weg der populären Helige fortsetzen zu wollen: "Wenn es um Angriffe auf die Unabhängigkeit der Gerichte und den Rechtsstaat geht, wenn es um Grundrechte geht, werde ich genau so in der Öffentlichkeit stehen." Zinkl vertritt rund 2700 Mitglieder, davon sind etwa 1800 aktive Richter.

Wie Helige kritisiert auch Zinkl den neuen Asylgerichtshof, da der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr anrufbar sein werde. Man müsse zudem berücksichtigen, dass eine entsprechende richterliche Ausbildung für die dort Arbeitenden nicht gewährleistet sein werde. Immerhin sollen beim Asylgericht bis zu einhundert Richter tätig sein. Zinkl: "Das ist ein Chaos."

Als standespolitisch vorrangigstes Ziel mit "oberster Priorität" nennt Zinkl, dessen beruflicher Weg ihn vom Bezirksgericht Mureck über das Landesgericht für Strafsachen in Graz nach Leibnitz geführt hatte, "die rechtliche Verankerung der Standesvertretung". Derzeit sei die Richtervereinigung ja nur "als privater Verein geführt". Eine institutionelle Absicherung würde den Richtern auch ein "entsprechendes Mitspracherecht" etwa bei Begutachtungsverfahren mit "gesetzlicher Einbindung der Richtervereinigung" sichern. Ein Entwurf der Richtervereinigung dazu liege bereits im Ministerium, man warte "auf weitere Gespräche".

Zur Sicherung der Unabhängigkeit verlangt Zinkl auch eine bessere personelle Ausstattung im Justizbereich. Es sei auch ein "Angriff auf die Unabhängigkeit", wenn der Personalstand nicht mehr den Anforderungen entspreche. Konkret meint der neue Präsident der Richtervereinigung die Strafprozessreform, die mit Januar 2008 in Kraft tritt. Damit werde ein "erheblicher Mehraufwand auf die Staatsanwälte zukommen", es sei aber auch mit "einem sehr großen Mehraufwand bei den Gerichten zu rechnen."

Ethische Grundsätze

Neben dem Wechsel an der Spitze der Standesvertretung stand bei der Tagung in Salzburg auch die formale Verabschiedung einer eigenen Ethikerklärung am Programm. Dieses nach dem Startort der Debatte als "Welser Erklärung" bezeichnete Papier soll die "ethischen Grundsätze" der österreichischen Richterschaft zusammenfassen. Unter anderem ist darin auch die Parteiunabhängigkeit festgeschrieben, da "der Beitritt zu einer politischen Partei oder parteipolitische Tätigkeit" der Glaubwürdigkeit der unabhängigen, unbeeinflussbaren Gerichtsbarkeit schaden könne, heißt es.

Und für Hilfesuchende mindestens so wichtig: Die Richter versprechen, sich "in mündlichen und schriftlichen Äußerungen allgemein verständlich" zu halten. (Thomas Neuhold/DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2007)