Tuusula/Helsinki - Der 18-jährige Finne, der in seiner Schule acht Menschen tötete, hatte offenbar ein weit größeres Massaker geplant. Pekka-Eric Auvinen habe bei der Bluttat am Mittwoch 500 Patronen bei sich gehabt, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Am Tatort seien 69 Patronenhülsen gefunden worden. Außerdem habe er eine brennbare Flüssigkeit bei sich gehabt, die er mehrmals versucht habe, anzuzünden. Die Ermittler stellten auch einen Abschiedsbrief des Täters sicher, in dem dieser laut Polizeiangaben seinen Selbstmord ankündigte.

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In Finnland herrschte am Donnerstag Staatstrauer. Vor der Jokela-Schule in Tuusula legten die Menschen Blumen und Kränze nieder und stellten Kerzen auf. Auvinen erschoss bei seinem Amoklauf am Mittwoch die Direktorin der Schule, die Schulkrankenschwester, eine 25-jährige Erwachsenen-Schülerin und fünf Burschen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Alle Leichen wiesen mehrere Schusswunden auf.

Die zwölf Verletzten wurden unterdessen aus dem Krankenhaus entlassen. Die meisten von ihnen hatten sich Schnittwunden bei dem Versuch zugezogen, dem Kugelhagel durch einen Sprung aus dem Fenster zu entkommen. Auvinen richtete nach der Tat die Waffe gegen sich selbst und erlag am Mittwochabend seinen Verletzungen.

Motive "viel viel tiefsinniger"

Der Amokläufer kündigte seine Bluttat vor dem Massaker mehrfach im Internet an. Ein Hinweis des Schülers mit "Angriffs-Informationen" erschien Mittwoch früh im Internet- Portal YouTube. Hier heißt es: "Ziel: Jokela-Gymnaisum, Schüler und Institut, Gesellschaft, Menschheit, menschliche Rasse... Angriffsweise: Massenmord, politischer Terrorismus." Obwohl er die Schule als Ziel ausgewählt habe, wolle er nicht, dass das Massaker einfach "Schul-Schießerei" genannt werde, forderte Auvinen. Seine Motive seien politisch und "viel viel tiefsinniger". Die Nachricht wurde einige Stunden nach der Bluttat von der Website entfernt.

Bereits am Vortag hatte der Schüler ein Video mit dem Titel "Jokela High School Massacre - 7/11/2007" unter dem deutschsprachigen Pseudonym "Sturmgeist89" auf YouTube veröffentlicht. Darin ist das das Gymnasium zu sehen, und dann ein blutrot eingefärbtes Fotos des Schülers, wie er eine Waffe auf die Kamera richtet.

Opfer willkürlich attackiert

Offenbar habe Auvinen seien Opfer willkürlich niedergeschossen und versucht, so viele Menschen wie möglich zu töten, sagte ein Polizeisprecher der finnischen Nachrichtenagentur STT: "Es gibt Hinweise darauf, dass es - wenn er schon etwas tat - etwas Großes sein musste." Einem Beamten der Cybercrime-Einheit der finnischen Kripo zufolge ist es wahrscheinlich, dass Auvinen mit dem 14-jährigen Dillon Cossey über Internet in Verbindung war. Cossey wurde im Oktober unter dem Verdacht festgenommen, ein Schulmassaker in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennylvania geplant zu haben.

Täter zuvor nicht straffällig geworden

Der finnische Amokschütze kam nach Polizeiangaben aus einer "normalen" Familie, er habe mit seinen Eltern und einem Bruder zusammengelebt und sei bisher nicht straffällig geworden. Beide Eltern sind hobbymäßige Musiker, vermutlich komponierte auch der Täter selbst elektronische Musik.

Bewunderung für Hitler und Stalin

Schulkameraden berichteten, Auvinen habe Antidepressiva eingenommen, er sei in der Schule als Außenseiter angesehen worden und vielfach gemobbt worden. Er sei eine intelligente, komplexe Persönlichkeit gewesen, den Waffen, Kriegsspiele am Computer und revolutionäres Gedankengut aller Art fasziniert hätten. Aus seiner Bewunderung für Hitler und Stalin habe er keinen Hehl gemacht.

"Für immer Narben davontragen"

In Tuusula versperrten Sicherheitskräfte am Donnerstag den Eingang zu dem Schulgebäude, das von rund 450 Schülern besucht wird. Die Schule soll bis Ende der Woche geschlossen bleiben. Hannu Joensivu, Bürgermeister von Tuusula, sagte, die Stadt werde für immer Narben davontragen. Im ganzen Land wehten die Fahnen auf Halbmast. Die 30.000-Einwohner-Stadt liegt rund 50 Kilometer nördlich der Hauptstadt Helsinki.

Es handelte sich um den bisher folgenschwerste Amoklauf dieser Art in der Geschichte des skandinavischen Landes. Finnland mit seinen rund 5,4 Millionen Einwohner hat traditionell eine sehr niedrige Kriminalitätsrate. (APA)