Ursula Göhlich
Kuratorin für Wirbeltierpaläontologie im Naturhistorischen Museum Wien

Wenn ich am Morgen ins Museum komm, wird mir ein kleiner Schlüssel ausgehändigt, und der verschwindet dann meistens auf meinem Schreibtisch unter meinen Büchern. Aber das Schlüsselfindungsproblem haben wahrscheinlich viele. Was ich auch immer wieder suche, ist mein Auto. Ich fahr hauptsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, da kann es schon sein, dass mein Wagen manchmal vier oder fünf Wochen irgendwo parkt. Ich meine zwar immer zu wissen, wo er steht, suche dann aber meistens doch eine Weile.

Foto: Aleksandra Pawloff

Manchmal frag ich mich auch, ob er vielleicht abgeschleppt wurde. Dann such ich auch noch sehr oft meine Schublehre, mit der wir Knochen und Zähne vermessen. Von Berufswegen such ich natürlich Fossilien, und leider ist die Chance, in Österreich die Überreste eines Dinosauriers zu finden, annähernd gleich null. Dies deshalb, weil das betreffende Gebiet zur Zeit der Dinosaurier großteils unter Wasser stand. Das heißt, die meisten zeitlich infrage kommenden Schichten sind Meeresablagerungen. Und Fischsaurier sind keine Dinosaurier. Einen Fischsaurier könnte man hier schon finden.

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Alfred Janovsky
Geschäftsführer von Electrolux Österreich

Was ich sehr oft nicht finde, ist mein Handy. Dies vor allem deshalb, weil ich es häufig lautlos stelle, zum Beispiel bei Besprechungen. Und da hilft es natürlich auch wenig, wenn man sich zwecks akustischer Ortung selbst anruft. Das passiert mir fast täglich. Es geschieht mitunter auch in der morgendlichen Aufbruchshektik zu Hause. Da hilft mir meine Frau. Ja, ich denke, Frauen sind bessere Sucher. Meine sagt, das liege daran, dass Frauen multitaskingfähig sind.

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Das heißt, während ich mein Handy irgendwohin lege, bin ich im Kopf schon woanders und kann mir deshalb nicht merken, wo ich es hingelegt habe. In der Waschmaschine find ich auch gelegentlich die verschiedensten Dinge, die ich schon vermisst habe. Ja, ich bin ein großer Wäscher, vor allem am Wochenende. Ich trockne auch. Nur bügeln tu ich nicht. In der Maschine tauchen Pitchgabeln vom Golf auf, Münzen, Haarspangen. Neulich war es ein Schlüssel, den ich schon gesucht habe. In solchen Fällen darf ich die Waschmaschine bis zum Flusensieb zerlegen, um die betreffenden Kleinigkeiten rauszukitzeln.

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Josef Hickersberger
Teamchef der Österreichischen Fußballnationalmannschaft

Ich habe Schwierigkeiten, eine Mannschaft zu finden, die jedes Fußballspiel gewinnt. Das ist natürlich eine ewige Suche: nach der richtigen Mannschaft, nach der richtigen Balance innerhalb des Teams usw. Es gibt natürlich keine Mannschaft, die jedes Spiel gewinnen kann, und dennoch ist man auf der ständigen Suche nach ihr. Wie man so eine Suche anlegt? Nun, man fängt immer bei der Verteidigung an. Man versucht, eine stabile Defensivabteilung zu finden, bei der die Verteidigung zu den jeweils gegnerischen Sturmspitzen passt.

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Das ist einmal der Beginn dieser Suche. Dann versucht man, die Mannschaft abzustimmen. In erster Linie geht es darum, das eigene Spiel durchzusetzen. Das ist natürlich das Schwierigste bei Gegnern, die einem an Klasse überlegen sind. Dieses Abstimmen ist eine Form von Suche. Es geht um Suche nach Harmonie in der Mannschaftsaufstellung. Alle sollen sich in ihren Stärken und Schwächen ergänzen. Abgeschlossen kann diese Suche natürlich nie sein. No risk, no fun, im Sinne von dauerndem Auswechseln innerhalb einer Mannschaft, kann aber niemals eine Maxime bei der Zusammenstellung einer Mannschaft sein.

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Kathrin Resetarits
Filmemacherin, Schauspielerin, Autorin

Ich suche immer nach Entscheidungen, nicht im Künstlerischen, aber im Privaten, mitunter geht's um ganz Alltägliches. Da ist immer dieses "Einerseits-andererseits-Problem" mit 1000 Argumenten, was keine Entscheidungsfindung zulässt. Es geht also um Zweifel und Angst vor den eigenen Vorstellungen, die ja oft nichts mit Fakten zu tun haben. Es geht um dieses "Das könnte passieren, wenn ich mich für das entscheide" usw.

Foto: Aleksandra Pawloff

Es ist ein ständiges Abwägen, und die Waagschalen werden immer noch kleiner, und im Endeffekt versucht man dann gar nicht zu entscheiden, und es kommt zum Stillstand. Nur die Zeit vergeht leider trotzdem. Im Künstlerischen fällt mir das nicht schwer, da hab ich das Gefühl, ich hab Macht über die Situation und kenn mich aus. Am liebsten sind mir die Entscheidungen, die mir abgenommen werden, von äußeren Umständen oder anderen Menschen. Eine Münze werfen kommt aber auch nicht infrage, weil ich weiß: Die Sache wäre nicht durchdacht, wobei es oft besser wäre, ich würde eine Münze werfen. Vielleicht hätte ich weniger Probleme, wenn ich einen Nine-to-five-Job hätte. Aber das wäre nun schon wieder eine Entscheidung, die ich nicht treffen könnte.

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Doris Froß
Kindergartenleiterin in Wien, Liesing

Unser Kindergarten unterteilt sich in sechs Räume, und ich hirsche eigentlich den halben Tag von Zimmer zu Zimmer. Wir arbeiten mit den Kindern viel am Boden, auf Teppichen und in Knotzecken. Dort ziehen wir die Patschen aus, und so kommt es, dass ich wahnsinnig oft meine Patschen suche, weil ich mitten im Spiel zum Telefon oder sonstwohin gerufen werde. Und dann mach ich mich meistens ohne die Hausschuhe auf die Socken. Einmal hab ich meine Patschen ganze 14 Tage gesucht.

Foto: Aleksandra Pawloff

Sie tauchten dann in irgendeiner Puppenecke auf, wo zwei Kinder mit ihnen spielten. Mittlerweile ist mein ständiger Patschenverlust schon allseits bekannt. Es gibt unter den Kindern schon eigene Suchtrupps. Kinder gehen in all unseren Ecken und Fluchten nie verloren, meistens sind es kleine Teile von Spielen und eben Patschen, die wir suchen. Zur Erleichterung der Geschichte stehen die Namen der Kinder in ihren Patschen. Einmal gab es allerdings zwei Mädchen mit dem Namen Selina, die die gleichen Schlapfen hatten, nur in verschiedenen Größen. Und die wurden dann irgendwann einmal vertauscht. Das fiel dann erst auf, als der größeren Selina die Patschen bald zu eng wurden.

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Manuel Rubey
Sänger von "Mondscheiner" und Falco-Darsteller in "Verdammt wir leben noch" (Filmstart 6. Februar 2008)

Ich denke, dass ich im Prinzip eigentlich gut organisiert bin und die Dinge meines Alltags finde. Ich gehe sogar so weit und behaupte, dass ich alles, was ich besitze, innerhalb von 30 Sekunden finde. Damit prahle ich sogar ein bisschen. Seit der Geburt unserer Tochter Ronja, sie ist jetzt 16 Monate alt, hat sich das allerdings sehr verändert und ich gehöre nun auch zu den Suchenden. Ich suche in letzter Zeit zum Beispiel ständig mein Telefon.

Foto: Aleksandra Pawloff

Ronja liebt es aber auch, meinen Schlüsselbund oder Schuhe verschwinden zu lassen. Zu ihren Verstecken gehören die Waschmaschine, der Hausgang, das WC, der Platz unter ihrem Bett usw. Sie weiß schon, dass ein Schlüssel in ein Loch gehört, deswegen finde ich ihn nun manchmal in Öffnungen, in die er hineinpasst, zum Beispiel zwischen Büchern. Sie weitet den Kreis der Verstecke fortlaufend aus, und ich denke, es werden jede Woche neue Dinge und Verstecke hinzukommen. Ich glaub schon, dass sie weiß, wo sie die Dinge versteckt hat. Manchmal hat sie Lust, mir diese Orte zu zeigen, oft aber auch gar nicht. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/09/11/2007)
Fotos: Aleksandra Pawloff

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