"Jazz Singer" Al Jolson (1927, mit Eugenie Besserer)

Foto: Jüdisches Filmfestival Wien

"Jazz Singer" Neil Diamond (1980, mit Laurence Olivier)

Foto: Jüdisches Filmfestival Wien
Wien – "The Jazz Singer" von Alan Crosland gilt im Allgemeinen als jener Film, mit dessen Uraufführung in New York im Oktober 1927 die Ära des Tonfilms begann. In großen Teilen noch mit Zwischentiteln und ohne "O-Töne" – aber an entscheidenden Stellen erhebt der Held hörbar seine Singstimme und entfacht damit den zentralen Konflikt um den rechten Einsatz dieser Gottesgabe:

Der Film erzählt die Geschichte von Jakie Rabinowitz, der als Halbwüchsiger in New York dem Ragtime und dem Jazz verfällt. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seinem strengen Vater, dem Kantor der jüdischen Gemeinde in vierter Generation, läuft er von zuhause fort. Als Jack Robin (und dann verkörpert vom Kantorensohn und nunmehrigen Star-Entertainer Al Jolson) wird er später langsam auf den Revuebühnen der USA Fuß zu fassen – bis sich schließlich die Frage nach der eigenen Identität noch einmal ganz grundlegend stellt.

Im Rahmen des Jüdischen Filmfestivals, das bis 22. November in vier Wiener Kinos stattfindet (und ab 21. 11. auszugsweise in Vorarlberg gastiert), wird dieser ungemein vielsagende Film in einem Programm des Filmarchiv Austria nun mit seinen Remakes und Spin-offs konfrontiert – beginnend bei Ilya Motyleffs und Sidney M. Goldins jiddischem Drama "The Cantor's Son" von 1937 bis zu Richard Fleischers 1980 veröffentlichter Kuschelrock-Version, in der Neil Diamond in der Rolle des abtrünnigen Kantorensohns auftritt, oder einem kaum bekannten TV-Film von 1959 mit Jerry Lewis.

Interessant ist dabei vor allem, wie sich die Konflikte – ausgehend von der Konfrontation zwischen Sohn und zürnendem Vater beziehungsweise bedingungslos liebender Mutter – wandeln: Während sich der Jazz Singer in Croslands Urversion noch das Gesicht schwärzt und so zumindest auf sehr verquere Weise auch an jene erinnert, deren Musik er zu seiner macht, wird dieser Aspekt der musikalischen Identitätssuche beispielsweise später teilweise ausgeblendet. Das Filmarchiv zeigt neben dieser Reihe vier "Golem"-Filme. Das Jüdische Filmfestival stellt neben Hommagen an Ernst Lubitsch oder Claude Berri wieder zahlreiche aktuelle Spiel- und Dokumentarfilmproduktionen vor. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2007)