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Verlangt langfristige Kaufzusagen für Opec-Öl, damit weiter investiert wird: Generalsekretär Abdalla El-Badri.

Foto: APA/EPA/Artinger
Wien - Der jüngste Höhenflug des Rohölpreises, der beinahe täglich der magischen 100 Dollar Grenze je Fass (159 Liter, 68,5 Euro) näher rückt, bereitet nun zunehmend auch den in der Opec zusammengeschlossenen Produzentenländern Sorgen. "Die Preisexplosion nützt weder den Öl produzierenden noch den Öl konsumierenden Ländern, sondern einzig und allein den Spekulanten", sagte der Generalsekretär der Opec, Abdalla El-Badri, bei der Jahreskonferenz der Energiecharta am Donnerstag in Wien.

Im Standard-Gespräch forderte El-Badri den Westen auf, Maßnahmen gegen Öl-Spekulanten zu ergreifen: "Da müssen scharfe Kontrollen her, den Spekulanten muss das Wasser abgegraben werden."

Märkte gut versorgt

Die Opec selbst habe keine Möglichkeit, den Preisauftrieb zu stoppen. "Die Märkte sind gut versorgt mit Öl, der hohe Preis hat nichts mit Ölknappheit zu tun", sagte El-Badri.

Damit dürften sich auch Hoffnungen zerschlagen, das Ölkartell werde beim Treffen der Opec-Staats- und Regierungschefs übernächstes Wochenende in Riad, spätestens aber am 5. Dezember bei dem außertourlichen Meeting der Ölminister in Abu Dhabi höhere Produktionsmengen beschließen. El-Badri versicherte aber: "Sollte die Nachfrage nach Öl das Angebot übersteigen, werden wir zusätzliche Mengen auf den Markt bringen. Derzeit sehen wir aber Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht."

Quotensystem

In Erfüllung eines früheren Beschlusses pumpen die zehn Länder, die dem Quoten-System der Opec unterworfenen sind, seit 1. November 500.000 Fass am Tag zusätzlich auf den Markt - in Summe rund 27,25 Millionen Fass. Der Irak, ein Gründungsmitglied der Opec, unterliegt seit dem Einmarsch in Kuwait Anfang der Neunzigerjahre nicht mehr dem Quotensystem; auch das jüngste Mitglied im Kartell, Angola, muss sich noch an keine Quoten halten. Insgesamt liefert die Opec rund ein Drittel des weltweit benötigten Rohöls.

Von den Abnehmerländern verlangt El-Badri nun langfristige Zusagen: "Wir brauchen die Sicherheit, dass wir unser Öl auch verkaufen können." Wenn dies sichergestellt sei, wären die Opec-Länder auch bereit, viel Geld in den Ausbau der Ölproduktion zu investieren. Mit einem Kostenaufwand von mehr als 150 Mrd. Dollar will das Ölkartell bis 2012 die Förderkapazitäten um mehr als fünf Mio. Fass am Tag erhöhen.

Versorgungslücke 2015

Didier Houssin von der Internationalen Energieagentur (IEA) machte bei der Wiener Konferenz eine andere Rechnung auf: Jüngsten Prognosen zufolge sind zur Versorgung der Märkte im Jahr 2015 zusätzlich 37,5 Mio. Fass Öl am Tag notwendig - 13,6 Mio. Fass davon aufgrund steigender Nachfrage, der Rest zur Kompensierung von Produktionsrückgängen in alten Ölfeldern. Opec-Länder und außerhalb des Kartells stehende Förderstaaten wie Russland, Norwegen oder Mexiko hätten bisher zugesichert, zusammen zusätzlich 25 Mio. Fass am Tag auf den Markt zu bringen. Fehlten somit noch 12,5 Mio. Fass, um die prognostizierte Ölnachfrage im Jahr 2015 befriedigen zu können.

Klar sei, dass alle Länder den Fokus in Zukunft verstärkt auf das Energiesparen lenken müssten, sagte Houssin. Dem pflichtete auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bei, Gastgeber der erstmals in Wien ausgerichteten Jahreskonferenz der Energiecharta.

Die Energiecharta, deren Richtlinien inzwischen weltweit mehr als 50 Länder befolgen, ist 1994 in Lissabon auf den Weg gebracht worden. Der Vertrag, der Regeln für den Schutz internationaler Investitionen im Energiesektor sowie Bedingungen für die Streitbeilegung festlegt, ist 1998 in Kraft getreten.

Alle EU-Länder, die Balkan-Staaten, aber auch Japan und die Schweiz sind Mitglieder. Russland hat die Energiecharta noch nicht ratifiziert, hält sich aber nach Angaben von Generalsekretär André Mernier voll an das Reglement. Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2007)