Während hierzulande ständig über das, was gar nicht hinhaut, nämlich das Nationalteam, diskutiert wird, haben die Schweizer andere Sorgen
Redaktion
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Als der Phaeton, außen ein VW-Passat, innen ein Cockpit mit mehr Knöpfchen, als Autos Schrauben haben, zum Züricher Flughafen schwebte und automatisch den Abstand, die Spur, die Route, die Abgasgrenzwerte, das Sozialprestige, das Stadtbild und die Höchstgeschwindigkeit einhielt, wurde ich sehr unruhig. Wieso zerfleischten diese doch rundum perfekten Schweizer auf der International Football Arena sich selber?
Zürichs Opernchef Pereira: "Was machen sie, wenn bei der EURO zum Public Viewing vor dem Opernhaus nicht 5000, sondern 50.000 englische Fans kommen?" Die Parlamentarierin Doris Fiala-Goldiger: "Das ist unser Föderalismus. Das hätten wir vor zwei Jahren diskutieren müssen." Der EURO-Regierungsbeauftragte Benedikt Weibel stand auf und telefonierte mit Zürichs Stadtpräsidenten. In bald 200 Tagen steigen die ersten EM-Spiele in Basel und Genf und die Schweizer sind planlos.
Die Schweizer Journalisten hörten der Selbstzerfleischung fassungslos zu und zerfleischten ihre Politiker in den Zeitungen zu Ende.
Nach dem Mittagessen blödelte der Literat Franzobel über Österreichs lustvolle Selbstgeißelung mit Fußball. ÖFB-Direktor Willi Ruttensteiner schilderte fast glaubhaft unsere glanzvolle (Fußball-)Zukunft.
Ich fragte prägnant, warum die Schweizer über das Einzige, was funktioniert, nicht reden: das Nationalteam. Und hielt entgegen, dass die Österreicher ständig über das Einzige, was gar nicht hinhaut, nämlich das Nationalteam, diskutieren. Wir passen besser zusammen als Käse und Semmel. Dann schnurrte der Phaeton in einen Stau, gegen den nicht einmal er ein Knöpferl hat, und ich konnte mich endlich entspannen. (Johann Skocek, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 9.11.2007)
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