Die Grabsteine wurden vom Unkraut befreit, der jüdische Friedhof von Klosterneuburg ist wieder gut begehbar.

Foto: Komitee
Klosterneuburg - Sechzig Jahre lang, vom Ende der Hitlerzeit bis vor wenigen Jahren, war das hügelige Grundstück an der Grenze zwischen Klosterneuburg und Kritzendorf ungezügelter Vegetation und illegaler Nutzung ausgesetzt gewesen: "Die Grabsteine waren zum Teil derart überwuchert, dass sie aus dem Efeu herausgeschnitten werden mussten - und in der Zeremonienhalle haben wir Einwegspritzen und Nadeln gefunden", gibt die grüne Klosterneuburger Stadträtin Martina Enzmann Eindrücke einer Begehung des jüdischen Friedhofs der Wiener Stadtrandgemeinde vor einem Jahr wieder.

Mauer für den Friedhof

Die insgesamt 652 Steine auf dem 1874 gegründeten Friedhof sind inzwischen für Besucher wieder frei zugänglich, manche Aufschrift ist nach einer Reinigung lesbar. Kommt von Sponsoren genug Geld zusammen, soll eine das ganze Areal umgebende Mauer errichtet werden.

Die Zeremonienhalle hingegen steht nicht mehr. Sie war akut einsturzgefährdet. Dieser Umstand gab letztendlich auch den Startschuss für die Renovierungsaktivitäten. Mit Unterstützung der Gemeinde wurde der "Verein zur Erhaltung des Friedhofs in Memoriam Walter Lauber" gegründet. "Weil es darum geht, die jüdischen Bürger Klosterneuburgs wieder sichtbar zu machen", wie Enzmann sagt.

Dass dies notwendig ist, um die Vertreibung der Juden in der Nazizeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hätten ihr vor allem Gespräche mit Walter Lauber vermittelt, sagt die Kommunalpolitikerin. Der vergangenes Jahr verstorbene Mann war 1938 kurz vor der Pogromnacht aus Österreich geflohen und 1945 als Soldat der U.S. Army zurückgekehrt. Seit damals lebte er wieder in Klosterneuburg: Einer von nur wenigen jüdischen Bürgern dort.

Wer die Juden von Klosterneuburg vor 1938 waren, wird derzeit im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Hauptschulprojekts erforscht. Es ist bereits gelungen, eine Reihe von Nachfahren in Übersee ausfindig zu machen. (Irene Brickner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. November 2007)