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One-Man-Show: Präsidentschaftskandidat Danilo Türk posiert mit Frau Barbara neben einem Plakat von Präsidentschaftskandidat Danilo Türk in Ljubljana.

Foto: EPA
Slowenien werde aufmerksam auf die Einhaltung des Staatsvertrags, der die Rechte der Minderheiten in Österreich sichert, achten, sagt der ehemalige UN-Diplomat und slowenische Präsidentschaftskandidat Danilo Türk zu Norbert Mappes-Niediek.

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STANDARD: Wenn Sie Präsident werden, müssen Sie mit einer konservativen Regierung zusammenarbeiten. Wird man die Friktionen außerhalb Sloweniens zu spüren kriegen?

Türk: Ich hoffe nicht. Zu Premier Janez Jansa habe ich ein gutes Verhältnis. Es gibt ein gemeinsames Programm von Regierung und Opposition für die EU-Präsidentschaft. Wir haben uns vorgenommen, die Lissabon-Ziele weiterzubringen, also sozialen Zusammenhalt und Solidarität.

STANDARD: In Kärnten wird immer noch über die Zahl der zweisprachigen Ortstafeln gestritten. Sollte Ljubljana sich da einbringen?

Türk: Absolut. Das ist ein Aspekt des Staatsvertrags, mit dem 1955 ein unabhängiges und demokratisches Österreich geschaffen wurde. Im Artikel VII dieses Vertrags wird geregelt, wie mit der slowenischen Sprache umgegangen wird. Einige Bestimmungen dieses Artikels sind nicht erfüllt. Der Staatsvertrag ist ein internationales Vertragswerk. Slowenien hat jeden Grund, aufmerksam auf seine Einhaltung zu achten.

STANDARD: Soll sich Slowenien zum Nachfolger Jugoslawiens als Unterzeichnerstaat des Staatsvertrages deklarieren?

Türk: Slowenien hat auf jeden Fall das Recht dazu. Ob es dieses Recht auch in Anspruch nehmen wird, ist Gegenstand der Diskussion.

STANDARD: Der Diskussion zwischen Wien und Ljubljana oder der Diskussion in Slowenien?

Türk: Der Diskussion in Slowenien.

STANDARD: Die EU ist in der Kosovo-Frage uneins. Ist Slowenien gilt als vehement pro Unabhängigkeit. Zu Recht?

Türk: Slowenien ist vehement pro Verhandlungen. Ich selbst bin optimistisch, dass es eine Verhandlungslösung geben kann. Was wir brauchen, sind Kreativität und neue Ideen.

STANDARD: Mit Kroatien gibt es noch immer den Streit um die Grenze in der Bucht von Piran. Wird Slowenien die Grenzfrage mit dem Beitritt verknüpfen?

Türk: Einige wichtige Aspekte dieses Streits sind nicht bilateral, sondern von allgemeiner Bedeutung. Kroatiens neu ausgerufene Fischereizone verletzt sowohl ein Übereinkommen mit der Europäischen Union als auch die Seerechtskonvention. Hier geht es um den Grundsatz, dass Verträge eingehalten werden müssen. Das ist keine bilaterale Frage.

STANDARD: Im Wahlkampf ging es wieder um den Zweiten Weltkrieg. Wird Slowenien irgendwann eine gemeinsame Sicht der Geschichte entwickelt?

Türk: Es gibt durchaus eine gemeinsame Sicht der Geschichte. Nur gibt es eben im Moment Versuche, die Geschichte umzuschreiben. Aber die Geschichte selbst ist bekannt und klar. Manche wollen aus dem Befreiungskampf gegen die deutsche und italienische Besatzung einen Bürgerkrieg machen. Das ist Unsinn und kann nicht funktionieren. Aber es gibt natürlich politische Gründe dafür, dass diese Sicht weiter besteht. Wir müssen einfach Geduld haben. Ich glaube, das stirbt aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2007)