Der Philosoph Krzysztof Michalski gründete vor 25 Jahren das IWM.

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Selbstverständlich könne man die Welt nicht mit wissenschaftlicher Forschung sofort ändern, sagte Krzysztof Michalski vor fünf Jahren, anlässlich des 20. Jubiläums des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). Und er habe sich bei der Gründung im Jahr 1982 "keine Illusionen über unsere Möglichkeiten gemacht".

Tatsächlich war das IWM zunächst nicht mehr als ein Tagtraum in einer kleinen Wohnung im neunten Wiener Bezirk. "Ideen und Menschen aus dem fast vergessenen Osten Europas", so Michalski, wollte man willkommen heißen. Kaum mehr nachzuvollziehen, welch steiniger Weg das damals war. Doch der Gründungsrektor, der 1981 nach einem Urlaub einfach in Wien blieb, war die lange Perspektive gewohnt, den philosophischen Atem statt der tagespolitischen Atemlosigkeit.

1948 in Warschau geboren, studierte Michalski Philosophie in seiner Heimatstadt und habilitierte sich über Edmund Husserls phänomenologische Analyse. Die Dinge aus dem Alltag und der persönlichen Anschauung heraus zu verstehen, gehörte zu seinem wissenschaftlichen Rüstzeug - noch viele Jahre später sollte er nach Wertvorstellungen, Traditionen, Einbettung in Religion fragen statt nach Shareholder-Value oder Marktdurchdringung; und er eröffnete damit ein Diskussionsfeld, das sich nicht nur am IWM als fruchtbar erwies.

Michalski ist seit 1986 auch an der Boston University präsent, seit 17 Jahren als Philosophieprofessor. Die gleiche Funktion hat er an der Warschauer Universität inne. Rechnet man noch dazu, dass er als Netzwerker und Mitglied zahlreicher Stiftungen, Beraterkomitees der EU, Jurys und "Reflexionsgruppen" unterwegs ist, ergibt sich eine rastlose Berater- und Rednertätigkeit, die sich nur mehr mit der Optimierung von Flugplänen bewältigen lässt. Manchmal allerdings genügt auch ein kurzer Weg zu Fuß, etwa um in Wien mit Kanzler Alfred Gusenbauer Gedanken auszutauschen.

Im Kern will Michalski Philosoph bleiben, mit Europa als angewandtem Gebiet und mit dem Wiener Institut als Versuchslabor. Hierher lud er Gäste ein, die erst Jahre später der Öffentlichkeit bekannt wurden, Dissidenten aus dem Osten, Linkskatholiken aus dem Westen, denen der Fall des Eisernen Vorhangs nicht Ende der Vorstellung, sondern der Beginn eines neuen Kapitels bedeutete.

Als Public Intellectual ist ihm Privates nicht besonders mitteilenswert. Nur dass eine seiner Töchter in London lebt und die andere in Chicago studiert, fügt er noch seinem Lebenslauf ("Steht auf unserer Website, www.iwm.at ") hinzu. Und man weiß, dass er, so oft er kann, Fitness trainiert. Das tun andere auch. Aber nur wenige denken dabei an das nächste Kapitel einer philosophischen Abhandlung. (Michael Freund, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. November 2007)