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Polizisten bei der Lektüre einer Tageszeitung in Tiflis.

Foto: REUTERS/Gleb Garanich
Tiflis - Das georgische Parlament hat die Verhängung des Ausnahmezustands durch Staatspräsident Michail Saakaschwili gebilligt und damit massive Einschränkungen der Berichterstattung und der Versammlungsfreiheit bis 22. November möglich gemacht. Vier Fünftel der Abgeordneten im Parlament gehören der Partei Nationale Bewegung von Saakaschwili an. Die Oppositionsabgeordneten blieben der Abstimmung am Freitagnachmittag demonstrativ fern.

Das Innenministerium kündigte eine rasche Aufhebung der Notstandsmaßnahmen an – „die Krise ist beendet“, sagt der Sprecher des Innenministers –, Justizministerium und Staatsanwaltschaft gaben dagegen Haftbefehle gegen Oppositionspolitiker bekannt. Saakaschwili hatte in Fernsehansprachen angebliche von Russland organisierte Umsturzpläne als Hauptgrund für den Ausnahmezustand genannt.

Übergriffe eingeräumt

Der Sprecher des Innenministers räumte allerdings ein, dass es bei der gewaltsamen Auflösung von Protesten der Opposition am Mittwoch und nachfolgenden Solidaritätsbekundungen von Anhängern zu Übergriffen der Polizei gekommen sei.

Saakaschwili hatte am Donnerstag überraschend vorgezogene Präsidentschaftswahlen am 5. Jänner angekündigt. Auch dieser Termin muss vom Parlament erst bestätigt werden. Saakaschwili müsste dann 45 Tage vor der Wahl, am 22. November, von seinem Amt zurücktreten; er würde von Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse ersetzt.

Politologen in Tiflis waren sich am Freitag einig, dass Saakaschwili mit der Entscheidung für verfrühte Präsidentschaftswahlen die programmatisch mehrheitlich schwachen Oppositionsparteien übertölpelt hat. Ein gemeinsamer Kandidat der Opposition, deren Spektrum von der weit linksstehenden populistischen Arbeiterpartei von Schalwa Natelaschwili bis zur national-rechtsextremen Freiheitspartei von Konstantin Gamsachurdia reicht, ist nicht in Sicht.

In Tiflis halten sich deshalb Gerüchte, der Oligarch Badri Patarkatsischwili, wolle den populären TV-Moderator und Ex-Politiker Giorgi Targamadse als Kandidaten der Opposition ins Rennen schicken. Möglicherweise tritt er jedoch auch selbst an. „Ich überlege mir das ernsthaft“, sagte er am Freitag. Auch gegen Patarkatsischwili liegt nun ein Haftbefehl vor. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11. 11.2007)