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Berlin/Wien - Der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel will wie sein österreichischer Kollege Josef Pröll (ÖVP) den Anteil von Ackerkraftstoffen in den nächsten zwölf Jahren auf 20 Prozent steigern. Wie Gabriel heute mitteilte, erwartet er davon einen "leichten Anstieg der Kraftstoffpreise". Dies meldete die "Berliner Zeitung" am Freitag aus dem Entwurf für eine Immissionsschutznovelle. Sowohl in Deutschland wie in Österreich kommt ein Großteil des Ackertreibstoffes aus dem Ausland

Zurzeit werden Benzin und Diesel in Österreich und Deutschland rund 5 Prozent Ackertreibstoff zugesetzt. Die Quoten sollen bis 2020 auf 20 Prozent steigen. Dies werde zu "Mehrkosten für die Wirtschaft" und einem Anstieg der Kraftstoffpreise führen, zitiert die deutsche Zeitung aus der Vorlage. Die Herstellung der Biokraftstoffe sei teurer als die herkömmlicher Treibstoffe. Wie viel dies beim Preis ausmacht, werde nicht genannt, hieß es weiter.

Mehrkosten werden weiter gegeben

"Wir werden die Mehrkosten an die Kunden weiter geben", sagte Barbara Meyer-Bukow von der deutschen Mineralölwirtschaft der Zeitung. Sie bezifferte den erwarteten Preisanstieg auf acht bis zwölf Cent je Liter Diesel oder Benzin. Peter Schrum vom deutschen Bundesverband Bioenergie rechne ebenfalls mit Preissteigerungen. "Je höher die Beimischquote, desto teurer das Benzin", sagte er.

Doch nicht nur die Autofahrer zahlen einen hohen Preis, auch die Bevölkerung allgemein wird Abstriche machen müssen. Erste Dämpfer haben die Lobeshymnen auf Biokraftstoffe schon bekommen: Ihre Klimabilanz ist einer Studie zufolge deutlich schlechter als angenommen, und der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung fürchtet eine Zunahme des Hungers, weil für den Anbau der verwendeten Pflanzen zunehmend Ackerland genutzt wird.

Das Internationale Institut für Wasserwirtschaft (IWM) warnt außerdem vor einer massiven Belastung der ohnehin schon angespannten Wasserversorgung. Der Anbau von Pflanzen für einen einzigen Liter Biokraftstoff verschlingt demnach je nach Region bis zu 3.500 Liter Wasser.

Vor allem der Wasserhaushalt in Südostasien ist der IMWI-Studie zufolge gefährdet. In Indien und China könnten Plantagen mit Mais und Zuckerrohr, die für die Produktion von Biodiesel und Ethanol angelegt werden, den dort bereits erheblichen Wassermangel noch verschlimmern und den Anbau von Lebensmitteln wie Getreide und Gemüse gefährden. Beides müsste dann in größeren Mengen importiert werden, erklärt Charlotte de Fraiture, die Hauptautorin der Studie.

Düstere Prognosen

Ähnlich düstere Prognosen kommen vom National Research Council in den USA. Ein rasant steigender Anbau von Getreide für Biosprit könnte sowohl der Wasserqualität schaden als auch die Wasservorräte in den USA reduzieren, warnt Jerald Schnoor, der Vorsitzende eines Ausschusses des National Research Council, der die möglichen Auswirkungen von steigendem Biotreibstoff-Verbrauch auf Wasservorräte untersucht hat. Ein festgesetztes Ziel ist demnach, die Produktion von Biokraftstoffen in den USA bis zum Jahr 2017 auf 133 Mrd. Liter zu steigern.

Das würde bedeuten, dass "deutlich mehr Düngemittel und Pestizide" in Flüsse und Ozeane gespült würden, sagte Schnoor in einem Interview. Je nach Region könnten beim Anbau für jedes Scheffel Getreide 7.570 Liter Wasser notwendig werden, erklärt der Experte. Dazu kommt noch der Wasserverbrauch bei der dann folgenden Herstellung des Ethanols. Notwendig seien daher neue Technologien, um aus Zellulose wie beispielsweise Holz oder Sägespänen Ethanol zu produzieren, fordert Schnoor - sogenannte Biokraftstoffe der zweiten Generation.

Politik im Biosprit-Dilemma

Die Deutsche Welthungerhilfe (DWHH) sieht die Politik auch im Biosprit-Dilemma. "Auf der einen Seite müssen wir etwas für den Klimaschutz tun", sagt DWHH-Experte Rafael Schneider. Andererseits können wir die geplante Erhöhung der Beimisch-Quote für Biomasse mit unserer heimischen Landwirtschaft allein unmöglich schaffen." Seiner Ansicht nach müssten die deutschen Bauern "drei- oder sogar vierstöckig arbeiten", wenn der Biospritverbrauch allein mit deutscher Produktion gedeckt werden sollte. Zudem soll laut dem deutschen Klimaschutzplan im Jahr 2020 die Beimischung von Biokraftstoff zwanzig Prozent betragen. Auf dem deutschen Markt werde es also "ganz, ganz eng" - eine Einschätzung, die der Erzeugerverband bestätigt.

Bleibt der Import von Weizen-, Mais- oder Palmöl-Produkten aus Entwicklungsländern. Doch die dortige Landwirtschaft ist oftmals "nicht einmal in der Lage, die eigene Bevölkerung zu ernähren", sagt der Experte der Welthungerhilfe. Trotzdem werde vielerorts in den Anbau von Biosprit-Rohstoffen statt in die Ernährungslandwirtschaft investiert. "In Angola beispielsweise wird gerade die Anbaufläche für Palmöl verzehnfacht." Gleichzeitig belege das Land einen der letzten Plätze auf dem weltweiten Hunger-Index. (APA/AP)